Kissingens Sparkassen-Chef: "Wir werden alle kleinere Brötchen backen müssen"
Autor: Susanne Will
Bad Kissingen, Mittwoch, 22. April 2020
Sofortkredite, penible Bank-Prüfung und die Frage: Ist das gerecht? Ein Gespräch mit dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Bad Kissingen Roland Friedrich über Geld und Gerechtigkeit in Zeiten von Corona.
Ohne die schnelle staatliche Hilfe in Form von Sofortkrediten oder Schnellkrediten kämen viele Unternehmen nicht durch die Corona-Krise. Über die KfW, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, werden derzeit Milliarden verteilt - als einmaliges Geldgeschenk oder als zinsgünstige Kredite. Eine große Aufgabe kommt den Hausbanken zu, die das Geld weiterleiten. Betroffene beklagen teilweise genaue Prüfungen der Lebensverhältnisse, sie haben das Gefühl, sich nackt machen zu müssen - für eine Situation, in die sie unverschuldet geraten sind. Ein Gespräch mit Roland Friedrich, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Bad Kissingen, über Geld und Gerechtigkeit.
Herr Friedrich, sind Sie, beziehungsweise Ihre Bank, eine Corona-Gewinnerin?
Roland Friedrich: Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. In diesen Zeiten von Gewinnern oder Verlierern zu sprechen halte ich für eine problematische Formulierung, da doch ein Großteil der Unternehmen und Mitarbeiter aufgrund der Corona-Pandemie mit neuen Herausforderungen konfrontiert werden. So auch die Sparkasse Bad Kissingen. Ja, wir nehmen die Zinsen ein, aber die erhalten wir für den Aufwand, die Kredite der KfW an den Kunden weiterzuleiten. Aufgrund des Umfangs der verschiedenen Kreditprogramme besteht ein gewisser Prüfungsaufwand im Rahmen der Beratung, um dem Kunden die für ihn in dieser Situation beste Kreditvariante an die Hand geben zu können. Dabei muss man bedenken: Bei Krediten ohne hundertprozentige Haftungsfreistellung der Förderinstitute muss weiterhin das Risiko der Sparkasse berücksichtigt werden. Denn die Sparkasse Bad Kissingen sollte nach einer Rückkehr zur Normalität aus der Corona-Krise nicht auch auf staatliche Hilfen angewiesen sein.
Aber Ihr Risiko scheint überschaubar: Die KfW steht zwischen 80 und 100 Prozent für die Kredite ein. Dennoch berichten Kunden aller Banken, dass sie sich teilweise einer äußerst genauen Prüfung stellen müssen.
Die 100 Prozent beziehen sich auf die sogenannten Schnellkredite der KfW, da sind wir als Bank außen vor. Bei einer KfW-Sicherheit von 80 Prozent bleiben 20 Prozent von sagen wir mal 100 000 Euro in unserer Haftung. Das sind dann auch 20 000 Euro, das ist nicht wenig. Bei einem Zinssatz von einem Prozent generiert die Sparkasse dann - beispielsweise bei einer Insolvenz nach zwei Jahren - zwar 2000 Euro Zinseinnahmen, aber eben saldiert einen Kreditausfall von 18 000 Euro und damit ein einen Verlust durch eine eventuelle Abschreibung. Und da würde dann der Vorwurf greifen, dass wir fahrlässig gehandelt haben, wenn wir vorher nicht ordentlich prüfen. Wir müssen uns weiterhin den Kunden ansehen, auch wenn es so unbürokratisch wie möglich laufen soll. Hatte der Kunde schon Schwierigkeiten mit seinem Unternehmen vor dem 1.1.2020? Wenn er die hatte, dann kann ich auch nicht ohne weiteres einen Kredit vergeben. Schnell wäre die Sparkasse und damit auch ich als Vorstand in der Haftungsfrage wegen fahrlässiger Kreditvergabe. Und da habe ich eine Verantwortung für fast zwei Milliarden Euro bilanzwirksame Einlagen und Verbundeinlagen - das ist das uns anvertraute Ersparte unserer Kunden im Landkreis.
Ich verstehe die Sorge und die Verantwortung. Aber wenn ich jetzt einen Geschäftsmann hernehme, der vielleicht nur mit seiner Frau das alteingesessene Unternehmen führt und jetzt per staatlicher Verordnung sein Geschäft schließen muss und somit unverschuldet keinerlei Einnahmen mehr hat - dann empfinde ich das als ungerecht.
Hier drängt sich die Frage auf, wie man in dieser Situation für Gerechtigkeit sorgen kann, da ja niemand selbst schuld daran ist. Gefühlt ist das aber tatsächlich nicht gerecht. Aber es könnte ja sein, dass der Kunde 100 000 Euro hat, die aber für sich behalten möchte und sagt: Meine Rettung erfolgt über den Schutzschirm, obwohl er vielleicht vor dem 1.1.2020 nicht gut gewirtschaftet hat. Für die Schulden des Staates kommen letztlich alle Bürger auf. Stellen wir uns die Frage: Würden wir dies in einer solchen Konstellation dann gerecht empfinden? Der Rettungsschirm muss für die Bedürftigen da sein. Natürlich sagt dann der ein oder andere: Das ist ja irre, was die alles von mir wissen wollen - aber das sind Folgen der Finanzkrise 2008, wo uns diese Regularien auferlegt worden sind. Und diese Regularien lassen sich nun mal nur in einem gewissen vorgegebenen Rahmen bespielen, allerdings können wir diese auch nicht ad hoc ungeschehen machen, da sich jede Bank und damit auch die Sparkasse Bad Kissingen weiterhin vor der BaFin rechtfertigen muss.