Kein Spielraum, um zu helfen
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Sonntag, 11. August 2019
Wie geht eine Krankenkasse mit Härtefällen um? AOK-Direktor Frank Dünisch erklärt im Interview, warum ihr manchmal in verzweifelten Lagen die Hände gebunden sind.
Seit einiger Zeit begleitet die Redaktion den Rechtsstreit zwischen dem Steinacher Krebspatienten Richard Freibott und der AOK Bayern. Im Kern geht es darum, dass Freibott sich Behandlungen unterzieht, die (noch) nicht Teil des gesetzlichen Leistungskatalogs sind. Die Kasse wiederum weigert sich, die Kosten zu übernehmen.
Eine Kasse ist grundsätzlich in Ausnahmefällen verpflichtet, Therapien außerhalb des Leistungskatalogs zu zahlen. Bislang haben die Sozialgerichte der AOK in allen Verhandlungen Recht gegeben. Frank Dünisch, Direktor der AOK Schweinfurt, äußert sich aufgrund des laufenden Gerichtsverfahrens und aus Datenschutzgründen nicht zum Fall. Im Interview mit dieser Redaktion erklärt er aber, welchen Kontrollen und Vorgaben eine Krankenkasse unterliegt und warum sie sich manchmal hart verhalten muss, auch wenn es Versicherten schwer fällt, das nachzuvollziehen.
Herr Dünisch, immer wieder kochen in den Medien Fälle hoch, in denen es darum geht, dass gesetzliche Krankenkassen bestimmte Leistungen nicht zahlen. Manchmal müssen sie, manchmal nicht. Wo ist da der Unterschied?
Und wenn ein Patient eine Therapie benötigt, die nicht zur gesetzlichen Krankenversicherung gehört?
Diese hat das Bundesverfassungsgericht festgelegt. Die Erkrankung muss lebensbedrohend sein und die alternative Behandlung hinreichende Erfolgsaussicht haben. Wer entscheidet, wann das bei einem Patienten der Fall ist?
Wir bei der Krankenkasse können das natürlich nicht medizinisch beurteilen. Die Ausbildung eines Sozialversicherungsfachangestellten ist keine medizinische Ausbildung. Wir wissen daher aus medizinischer Sicht nicht, ob alle verfügbaren Leistungen ausgeschöpft wurden und welche Behandlungsoptionen ein Patient noch hat. Diese Beurteilung trifft der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK).Versicherte mit einer lebensbedrohenden Krankheit werden kaum Verständnis dafür haben, wenn ihnen erklärt wird, dass es zwar eine Therapie gibt, sie die aber aus bestimmten Gründen nicht erstattet bekommen.
Wir haben im Gesundheitssystem keine Vollkasko-Versicherung. Bestimmte Fälle lassen sich nicht versichern. Wir als Kasse haben die Verpflichtung mit den Geldern der Versicherten so umzugehen, wie es gesetzlich geregelt ist. Wir unterliegen einer Aufsicht. Wenn wir das nicht so machen, hafte ich persönlich.Wer hat diese Aufsicht?