Kein Pardon für Ungeimpfte
Autor: Heike Beudert
Bad Kissingen, Dienstag, 23. November 2021
Warum es für Menschen ohne Corona-Impfung auf dem Land jetzt richtig unbequem werden kann. Die Einhaltung der 3G-Regeln im öffentlichen Nahverkehr muss auch im Landkreis Bad Kissingen kontrolliert werden.
Ab sofort gilt in öffentlichen Verkehrsmitteln die 3G-Regel. Wer nicht geimpft, genesen oder getestet ist, darf nicht einsteigen und mitfahren. Alle diejenigen, die sich bislang nicht zur Impfung durchringen konnten, auf dem Dorf wohnen und dann noch kein Auto haben, haben jetzt unter Umständen ein echtes Problem. Denn die Testmöglichkeiten sind eingeschränkt. Je kleiner ein Dorf, desto unwahrscheinlicher ist es, dass es dort eine Teststation gibt.
Eine tägliche Testmöglichkeit existiert im Landkreis überhaupt nur in Bad Kissingen, Oerlenbach und Oberthulba. Tageweise sind Teststrecken dann noch in Motten, Euerdorf, Burkardroth, Hammelburg, Albertshausen und Nüdlingen eingerichtet. Außerdem bieten einige Apotheken im Landkreis diesen Service an. In Münnerstadt gibt aktuell gar keine Testmöglichkeit. Bürgermeister Michael Kastl ist deshalb froh, dass sich jetzt kurzfristig die Chance aufgetan hat, wieder eine solche zu bekommen. Ein gewerblicher Anbieter wird in der Kernstadt ab Freitag Testungen anbieten.
Doch was passiert mit denjenigen, die in einem Stadtteil wohnen, nicht geimpft und nicht mobil sind? Sie sitzen jetzt theoretisch in ihren Dörfern fest. Und nicht anders sieht es für Betroffene in vielen anderen Ortschaften des Landkreises aus, in Modlos nicht anders wie in Gefäll, in Roth nicht anders als in Volkershausen. Die Liste der Orte ohne Testmöglichkeit im Landkreis lässt sich noch lange fortführen.
Das heißt aber für Ungeimpfte ohne eigenes Auto: Ohne Test keine Busnutzung und ohne Busnutzung kein Test. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln geht für sie also gar nichts mehr. Auf diesem Weg kommt diese Personengruppe nicht mehr zum Arzt, zum Lebensmittelmarkt und auch nicht zum Impfzentrum, um sich vielleicht doch gegen Corona impfen zu lassen. Einzige Alternativen: Taxi und Nachbarschafts- oder Verwandtschaftshilfe.
Wird es dazu eine politische Lösung geben? Im Gesetzestext finden sich keine Ausnahmen für einzelne Fahrten (z.B. zum Impfzentrum oder zum Testbus), so die Stellungnahme aus dem Landratsamt Bad Kissingen. "Hier verweisen wir auf den Gesetzeswortlaut und die Zuständigkeit des Gesetzgebers, in diesem Fall die Bundesregierung", so Pressesprecherin Nathalie Bachmann.
Kommune ist außen vor
"Ich erhoffe mir eine Lösung von denen, die solche Regeln erstellen", ist die Meinung des Münnerstädter Bürgermeisters. Er selbst sieht die Kommune nicht in der Pflicht. Schließlich könne die Stadt keinen zweiten ÖPNV aufbauen, damit Ungeimpfte zum Testen gelangen.
Eine Extraregelung fürs flache Land wird es wohl nicht geben. Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) erklärt auf Anfrage dieser Zeitung: "Ausnahmen aufgrund eines dünnen Testangebotes gibt es nicht". Wer noch nicht geimpft ist, müsse ab Mittwoch die ausgeweitete Testpflicht dulden und selbst dafür sorgen, dass ein Test vorgelegt werden kann.Die Hammelburger Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann (Die Grünen) schlägt in die gleiche Kerbe und betont: "Der einfachste Weg, um weiter Bus und Bahn zu nutzen, ist, sich impfen zu lassen". Sabine Dittmar sieht die Einführung der 3G-Regel in ÖPNV und am Arbeitsplatz mit den strengeren Auflagen angesichts der Infektionsdynamik als notwendig an. "Als Medizinerin kann ich nicht nachvollziehen, warum es noch immer 15 Millionen Menschen in Deutschland gibt, die sich nicht impfen lassen wollen", betont Sabine Dittmar. Ohne mehr Impfbereitschaft komme man nicht aus der Pandemie heraus, betont Manuela Rottmann. Sie hält die Beschränkung auf Geimpfte, Genesene und Getestete für richtig.