Kameraden in Untererthal sammeln für den guten Zweck
Autor: Markus Reeh
Untererthal, Montag, 05. November 2012
Drei Mitglieder der Krieger- und Soldatenkameradschaft Untererthal haben eine nicht immer ganz leichte Aufgabe übernommen.
Mit der Sammelbüchse in der Hand andere Menschen ansprechen und um eine Spende bitten - das ist sicher nicht jedermanns Sache. Hermann Desch, Peter Schneider und Klaus Lutz nehmen es trotzdem auf sich, weil sie vom guten Zweck überzeugt sind.
"Ich unterstütze die Kriegsgräberfürsorge, weil ihre Arbeit noch längst nicht zu Ende ist", erklärt Hermann Desch. Immer noch würden tausende Gefallene ausgegraben, vor allem in Russland. Sie, wenn möglich, zu identifizieren und ihnen eine letzte Ruhestätte zu geben, sei eine wichtige Aufgabe. "Dann haben die Angehörigen auch Gewissheit, wo ihr Vater oder Opa liegt", erklärt der 1. Vorsitzende der Krieger- und Soldatenkameradschaft (KSK) Untererthal.
Desch hat auch eine ganz persönliche Beziehung zu dem Thema. Der Bruder seiner Mutter ist mit 17 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen worden. "Danach haben wir nie mehr was von ihm gehört oder gelesen", erzählt der Untererthaler. Seine Mutter wiederum hat lange Jahre das Grab eines Soldaten gepflegt, der nicht aus der Gegend stammte. Eines Tages meldeten sich dann dessen Angehörige aus Essen und waren überaus dankbar, dass sie sich um das Grab gekümmert hat.
Auch Peter Schneider hat einen Fall in der Familie. "Der Bruder meiner Oma. Wir wissen bis heute nicht, wo er gefallen ist", sagt der 2. Vorsitzende der KSK. Sein Opa war ebenfalls im Krieg und ist 1948 aus der Gefangenschaft heimgekehrt. Er hat aber über seine Erlebnisse nie ein Wort gesprochen, auch nicht, als Peter Schneider zur Bundeswehr ging und in Uniform nach Hause kam. Wenn er jetzt Spenden für die Kriegsgräber sammelt, dann macht er das auch für seinen Großvater. "Das bin ich ihm schuldig", betont der Untererthaler.
Abends nach der Arbeit
Seit 1978 sammelt die örtliche Kameradschaft. "Damals hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge alle Vereine angeschrieben, weil es immer weniger Spendensammler gab, und wir haben uns bereit erklärt", erinnert sich Hermann Desch. Er selbst ist seit knapp 20 Jahren dabei.
Von Haus zu Haus zu gehen und bei den Menschen zu klingeln, meist abends nach der Arbeit, erfordert viel Zeit und Kraft. "Oft haben wir insgesamt drei Wochen gebraucht, bis wir im ganzen Dorf gewesen sind", schildert Desch. Hinzu kommt, dass viele in der dunklen Jahreszeit die Tür gar nicht erst aufmachen, wenn es zum Beispiel um 19 Uhr schellt.
Schöne und unschöne Momente
Manches Mal mussten sich die Männer auch unschöne Kommentare von Menschen anhören, die diese Form der Aufarbeitung der deutschen Geschichte ablehnen. Andererseits kam es auch immer wieder vor, dass sie auf ein Schnäpschen rein gebeten wurden. Natürlich haben sie bei ihren Besuchen dann auch viele Geschichten vom Krieg in Russland gehört.
Peter Schneider, der seit über zehn Jahren Spenden sammelt, hat gemischte Gefühle. "Manchmal ist es ein unangenehmer, undankbarer Job, dann gibt es aber auch wieder schöne Momente, wenn man freudig begrüßt wird. Man kennt sich ja im Ort", sagt er. Seit zwei Jahren sammelt die Kameradschaft nicht mehr an den Haustüren im Dorf, sondern am Friedhof und an der Kirche, so wie heuer an Allerheiligen. Neben Hermann Desch und Peter Schneider war auch Klaus Lutz im Einsatz.
"Die Untererthaler sind sehr spendabel. Im vergangenen Jahr haben wir mit 630 Euro das beste Ergebnis überhaupt erzielt", freut sich 1. Vorsitzender Desch. Einer der Spender ist Anton Koch, der selbst als kleines Kind den Krieg noch miterlebt hat. Gern unterstützt er die Arbeit der Kriegsgräberfürsorge. Er war schon sechs Jahre alt, als er seinen Vater zum ersten Mal sah - auch das eine Folge des Krieges. "Er kam damals aus der Gefangenschaft heim. Das war an Heiligabend", erinnert er sich.