Käfer macht fette Beute
Autor: Carmen Schmitt
Bad Kissingen, Donnerstag, 24. Oktober 2019
Förster und Waldbesitzer müssen neuerdings einem weiteren Winzling zusehen, wie er wütet und Ernte-Pläne durcheinanderwirbelt.
Während des Studiums hatten ihm die Professoren noch erklärt, dass ihm diese Art Käfer außerhalb seiner Bücher nie begegnen würde. Die Lehrer sollten sich irren. Mit seinem Messer schabt Fabian Menzel ein Stück der Rinde vom Baum. Er ist nicht der Erste, der sich bis auf diese Schicht vorarbeitet, wo der süße Saft des Baumes fließt. Ein Borkenkäfer hat bereits seine Gänge in den Bast dieser Buche gegraben und sich durch die lebenswichtigen Leitungsbahnen gefressen. Sein Todesurteil. Dass sich Borkenkäfer allerorten im Forst über schwächelnde Fichten hermachen, ist kein neues Phänomen - obgleich der währenden Last. So wie sich das Insekt aber hier bei Nüdlingen diesen Laubbaum und seine vielen Nachbarn vorgeknöpft hat, hat Fabian Menzel, Förster und Revierleiter, noch nicht erlebt.
"Das ärgert mich wahnsinnig", sagt Fabian Menzel. Hier oben im Dummental am Altenberg, wo er sich immer und immer wieder darum gesorgt hatte, dass die Buchen unter optimalen Bedingungen wachsen können, steht heute so etwas wie ein Friedhof. In Neonorange schreien die Striche stumm von den Baumstämmen: "Ich bin tot und muss weg!"
Dürre, hohe Temperaturen: Waldarbeiter haben aus dem Gemeindewald Nüdlingen innerhalb von zwei Jahren 8000 Festmeter Holz geholt - die durchschnittliche Erntemenge. Nur diesmal bestand die ausschließlich aus sogenanntem Schadholz.
"So krass habe ich das noch nie erlebt", sagt Fabian Menzel. Bei Kollegen in anderen Gebieten schaut es ganz ähnlich aus, berichtet der Förster. Besonders in der südlichen Hälfte des Landkreises, wo es trocken ist und das Wasser schnell versickert, hat es heuer die Laubbäume schwer getroffen. Bernhard Zürner vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Bad Neustadt hat den Überblick für den Kissinger Kreis und die Nachbarn in Rhön-Grabfeld.
Sorge um Buchen
Seine Schadholz-Rangliste für Bad Kissingen führt auch heuer wieder die Fichte (60 000 Festmeter fm). Gefolgt von der Kiefer (10 000 fm), der Buche (4000 fm) und der Eiche (2500 fm). Bei Lärche und Esche sind je 1000 Festmeter angefallen. Rund um Münnerstadt, Nüdlingen und Bad Bocklet, im Raum Hammelburg, Oberthulba und Wartmannsroth sowie im Riedenberger und Oberbacher Forst hat es Nadelhölzer besonders getroffen. Was mit den Buchen passiert, macht dem Abteilungsleiter aber besonders Sorgen.
"Das hätten wir nicht gedacht, das hat uns alle überrascht", sagt Bernhard Zürner. Gerade die Buche: Noch vor zwei, drei Jahren war sie der Baum, auf den die Förster gesetzt hatten. "Wir dachten, darauf können wir den Wald aufbauen." Die Trockenheit hat die Buche getroffen: "Das schmerzt uns am meisten", meint Zürner.
Der Borkenkäfer hat regional unterschiedlich stark zugeschlagen, heißt es auf Anfrage von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Die Fichten habe es überall erwischt. Generell sei die Lage vor allem bei Passau, im Bayerischen Wald und im Frankenwald sehr angespannt. Heuer sei der Schaden "auf einem ähnlich sehr hohen Niveau" wie im Vorjahr. 2018 war ein Ausnahmejahr: Während der letzten 30 Jahren hatte der Borkenkäfer nie so leichtes Spiel wie im vergangenen Jahr. Rekord - 4,5 Millionen Kubikmeter Schadholz meldete das LWF. Die Käfer-Population explodierte aufgrund von Stürmen und anhaltender Trockenheit. Wassermangel beobachtet auch der Nüdlinger Revierleiter Fabian Menzel.