In dieser Schule wohnen Lurche und Geckos (Artikel mit Bildergalerie)
Autor: Ellen Mützel
Bad Kissingen, Dienstag, 28. Sept. 2021
Bad Kissingen hat eine Schule, in der kleine Reptilien, Insekten, Fische leben. Die Schülerinnen und Schüler passen auf sie auf. Was sie dabei alles lernen und was der Apfelbaum der Lehrerin damit zu tun hat.
Eine Kornnatter auf der Hand halten, einen Leopardengecko streicheln, eine Schildkröte beobachten, wie sie schlüpft: Das ist den Schülern und Schülerinnen im "Vivarium" im Bad Kissinger Jack-Steinberger-Gymnasium möglich - einem Raum, in dem Terrarien und Aquarien stehen. In einem Wahlfach kümmern sich Kinder um die Tiere. In der näheren Umgebung ist das einzigartig: Die Schulen in Ingolstadt und Lohr sind die nächsten, die ähnliches anbieten.
Idee aus P-Seminar entwachsen
2010 hatte die Biologielehrerin Agnes Brath ein P-Seminar ins Leben gerufen, in dem sich 14 Schülerinnen und Schüler um je ein Tier gekümmert haben. Danach wurde es ein Wahlkurs. Elf Jahre später gibt es 34 verschiedene Arten - von der Kraushaar-Volgelspinne "Fräulein Flauschig" bis zum Ritteranolis-Pärchen, eine Echsenart. Doch Ende des vergangenen Schuljahres ging Agnes Barth in Rente.
Marcel Schäfer übernimmt
Glücklicherweise beginnt in diesem Schuljahr Marcel Schäfer an der Schule. Er hatte hier 2008 sein Abitur gemacht und war bis jetzt Biolehrer in Würzburg. Er wird die Arbeit von Agnes Brath übernehmen. Seine Motivation: Sich weiterzubilden, Neugier, und er das Projekt weiterleben lassen. Er mache das gerne, "weil es ein so tolles Projekt ist und die Schüler so begeistert sind."
Leidenschaft der Schülerinnen und Schüler
"Wir haben alle möglichen Altersstufen dabei", sagt Schäfer. "Die Jüngeren kümmern sich um die Tiere, die leichter zu pflegen sind." Wie etwa Leopardgeckos. Aber auch diese brauchen eine spezielle Umgebung, "das richtige Futter, immer frisches Wasser, die richtige Temperatur und Sauberkeit, sowie einen perfekten Untergrund", sagt Agnes Brath.
"Die Schüler machen das mit Leidenschaft", sagt Marcel Schäfer. Sogar in den Ferien kümmern sich die Kinder: Die zwölf Ferienwochen teilen sie sich so ein, dass eine Gruppe je drei Wochen im Jahr übernimmt. Dreimal wöchentlich sind sie dann zwei Stunden lang bei den Tieren.
Aus Experimenten lernen
Aber der Wahlkurs geht übers Kümmern hinaus: "Wir haben auch Experimente gemacht", sagt Agnes Brath. Beispielsweise mit verschiedenen Schrägen und Materialien herausgefunden, wie eine Schlange sich darauf fortbewegt. Oder Papierstreifen mit Aroma betröpfelt und verfolgt, welchen Geschmack die Schnecken gut oder schlecht finden.
Kinder näher an Natur bringen
Sie wollen, dass die Tiere hautnah erlebt werden: "Es ist etwas komplett anderes, ob ich einen Film zeige, oder die Schüler die Tiere selbst in die Hand nehmen." Das würde sie auch wieder näher an die Natur bringen. Das sei auch ihr Impuls gewesen: "Wenn ich die Tiere nicht kenne - wenn mir das alles nichts sagt - dann ist es für mich auch nicht so schlimm, wenn sie aussterben. Wenn ich den Wert der Tiere an sich bemerke, weil sie alle so besonders sind, weiß ich: Es wäre schlimm, wenn das fehlt."