Druckartikel: In der Kissinger Klinik geht das Licht nie aus

In der Kissinger Klinik geht das Licht nie aus


Autor: Heike Beudert

Münnerstadt, Freitag, 26. April 2013

Gleich mehrere Notsysteme schützen den Klinikbetrieb am Thoraxzentrum bei Ausfall.
Intensivpfleger Jürgen Müller weiß, dass seine Patienten auch bei einem Stromausfall immer gut überwacht sind. Alle wichtigen Geräte sind an Spezialsteckdosen angeschlossen (erkennbar an der orangen Farbe), die sofort die Notstromversorgung übernehmen.Fotos: Heike Beudert


Als in der vergangenen Woche in Münnerstadt für mehr als eine Stunde der Strom weggeblieben ist, da suchten manche schon nach den Kerzen, andere wiederum bangten um ihr Fußballspiel. Im Thoraxzentrum haben die meisten Patienten den Stromausfall nicht bemerkt. Sie wussten nicht, dass nur einen Katzensprung vom Krankenhaus entfernt ein defekter Isolator dafür gesorgt hatte, dass nicht nur die Klinik, sondern auch die halbe Stadt von der öffentlichen Stromversorgung

getrennt wurden. Die Klinik am Michelsberg ist für solche Notfälle doppelt und dreifach abgesichert. Spätestens nach acht Sekunden war das ganze Haus wieder mit Strom versorgt. In sensiblen Bereichen gab es trotz Stromausfall überhaupt keinerlei Unterbrechung. Unterbrechungsfreie Stromversorgung heißt das genau.

Walter Faulstich ist der technische Leiter am Thoraxzentrum. Er wacht peinlich genau darüber, dass alle Notsysteme bereit sind, falls es zu einem Stromausfall kommen sollte.


Die Steuerung reagiert sofort

Bei einem Stromausfall ist die gesamte Klinikanlage maximal acht Sekunden ohne Strom, erläutert Faulstich. Denn ein Zehnzylinder-Dieselgenerator mit einer Leistung von 325 kVA erkennt sofort die Störung und übernimmt dann unmittelbar die Stromversorgung des Klinikkomplexes.

Weil selbst dieser kurze Zeitraum in den sensiblen medizinischen Bereichen wie Operationssälen und Intensiv- bzw. Beatmungsstation bereits zu lange ist, gibt es sogenannte batteriegepufferte Anlagen. In diesen Klinikbereichen existieren Systeme, die sich mit einer Verzögerung von 500 Millisekunden zuschalten, aber auch Batterien, die ohne jegliche Zeitverzögerung die Stromversorgung übernehmen.

Steckdosen mit oranger Farbe kennzeichnen auf der Intensivstation beispielsweise diese besonders gesicherten Stromkreise. "Hier darf kein Wasserkocher eingesteckt werden", erklärt Walter Faulstich. Diese Steckdosen sind nur für die lebenserhaltenden Geräte und Überwachungsmonitore vorgesehen. Wie Betriebsleiter Jürgen Oswald erklärt, sind zudem wichtige medizinische Geräte in der Intensivstation oder im OP vom Hersteller aus mit Akkus ausgestattet und können ebenfalls einen Stromausfall sofort abfangen.

Drei Stunden lang kann in Operationssälen und in der Intensivstation die Stromversorgung über reinen Batteriebetrieb aufrechterhalten werden, falls auch der Dieselgenerator nicht funktionieren sollte. In einem solchen Notfall würden die Ärzte und Pfleger akustisch über die Notversorgung informiert. "Dann können Operationen auf jeden Fall noch abgeschlossen werden", betont Jürgen Oswald.

Einmal hat man an der Klinik bisher diesen Puffer tatsächlich schon benötigt, erinnert sich Walter Faulstich, weil ein Blitzschlag nicht nur die Stromversorgung über die 20 000-Volt-Freileitung lahmgelegt hatte, sondern auch für eine Überspannung in der Steuerung des Dieselgenerators gesorgt hatte. Der ist dann nicht mehr von alleine angesprungen. Daraufhin hatte man Wege gesucht und gefunden, dies zu verhindern. Jetzt ist das Steuerungssystem des Notstrommotors so gut gesichert, dass es zu keiner Überspannung mehr kommen kann.


Der Tank ist immer gefüllt

Wenn der Dieselgenerator anspringt, dann trennt er auch sofort die Verbindung zur e.on-Stromversorgung. Das sei nötig, damit die Mitarbeiter des Stromunternehmens bei ihren Reparaturarbeiten nicht unter Strom gesetzt und verletzt werden.

Der Dieselgenerator könnte auch längere Stromausfälle überbrücken. Das Tankvolumen umfasst 1500 Liter Treibstoff. Und die reichen für mindestens 30 Lastbetriebsstunden, erklärt Walter Faulstich. Es gibt aber in der Klinik noch eine Notreserve von weiteren 10.000 Litern Treibstoff, so dass das Haus theoretisch fast eine Woche lang autark betrieben werden könnte. Über ein sogenanntes Lastabwurfmanagement kann zusätzlich die Belastung für den Stromgenerator gedrosselt werden. "Untergeordnete Bereiche fliegen dann raus", sagt Faulstich. Dazu zählen beispielsweise die Waschmaschinen.

Mit diesem Sicherheitskonzept zur Notstromversorgung steht die Münnerstädter Klinik nicht alleine da. Diese Systeme gelten als allgemeine Vorschriften für Krankenhäuser. Doch im Thoraxzentrum hat man noch einen weiteren Trumpf in der Hand. Das Blockheizkraftwerk des Komplexes kann ebenfalls die Stromversorgung übernehmen - allerdings nicht so übergangslos wie der Generator. Bislang hat man diese Lösung noch nicht in Anspruch nehmen müssen und hofft auch, dass das so bleibt.


Ganz neu: Sicherheitslichter

Ganz neu im Sicherheitssystem der Klinik ist die batteriegepufferte Sicherheitsbeleuchtung im ganzen Haus. Sie gibt es seit gerade vier Wochen - und sie garantiert zu jeder Tages- und Nachtzeit bei einem Stromausfall die gesetzlich geforderte Mindestlichtstärke für die Dauer von drei Stunden. Die Leuchten sind kaum zu sehen. Es handelt sich um kleine LED-Lichter, die in die Decke eingebaut sind. Aber auch die auffälligen grünen Notausganglichter laufen über dieses System. Die Sicherheitsbeleuchtung dient vor allem dem Brandschutz. Doch beim Stromausfall vergangene Woche hat sie ihre Bewährungsprobe bestanden. Alle Lichter sind angegangen. Trotzdem läuft derzeit noch die genaue Prüfung durch die Fachfirma.

Überhaupt ist regelmäßige Kontrolle oberstes Gebot. Einmal monatlich testet Betriebs elektriker Frank Stürmer, ob die batteriegepufferten Anlagen alle funktionstüchtig sind. Die Ergebnisse müssen genau dokumentiert werden. Das sei Vorschrift, ergänzt Jürgen Oswald.

Den Dieselgenerator wirft Faulstich einmal im Monat an und lässt ihn eine Stunde lang unter Last laufen. Der Motor arbeitet zuverlässig seit 1987. Er wurde allerdings auch noch nicht häufig gebraucht. Insgesamt nur 472 Stunden ist er seitdem gelaufen - und da sind die Teststunden mit eingerechnet.

Stromsicherheit hat also Priorität, und für einen Stromausfall ist man im Thoraxzentrum Münnerstadt bestens gewappnet. Trotzdem ist Walter Faulstich froh, dass es nur selten passiert. "Wir haben eine relativ hohe Ausfallsicherheit", betont der Fachmann.