Druckartikel: In der Grundschule Wartmannsroth sind die Zwischenzeugnisse abgeschafft

In der Grundschule Wartmannsroth sind die Zwischenzeugnisse abgeschafft


Autor: Gerd Schaar

Dittlofsroda, Freitag, 22. Februar 2013

Heute bekommen die Schüler ihre Zwischennoten - aber nicht in der Grundschule Wartmannsroth.
Klassenlehrerin Anita Betz mit Finn und seiner Mutter Susanne Siebenlist beim Lerngespräch. Foto: Gerd Schaar


Statt einem Zwischenzeugnis gibt es ein gemeinsames Lerngespräch mit Eltern, Kindern und Lehrern. Das ist der neue pädagogische Weg an der "Flexiblen Grundschule" in Dittlofsroda. Damit nehme die Schule zusammen mit sieben weiteren Schulen im Bezirk Unterfranken eine Vorreiterrolle ein, erklärt Schulleiter Karl-Heinz Deublein. Seit diesem Schuljahr ersetzen die verbindlichen und dokumentierten Gespräche die Zwischenzeugnisse.
"Ich finde es toll, dass ich mitreden darf", sagt Finn, Schüler der Eingangsstufe (Eiga). Auch seine Mutter Susanne Siebenlist ist begeistert.

"Ich grüße und bin freundlich. Ich zeige mich hilfsbereit. Ich halte Regeln ein. Ich vertrage mich mit meinen Mitschülern. Ich störe den Unterricht nicht", sind zum Beispiel Kriterien, an denen das Verhalten auf einem Fragebogen bewertet wird. Vier Urteilsstufen sind diesen Kriterien jeweils zugeordnet: "prima", "überwiegend ja", "teilweise" oder "noch zu wenig".

Weitere Eintragungen sind für das Arbeits- und Leseverhalten sowie für die Fächer Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachkunde, Musik, WTG und Sport vorgesehen. So wird zum Beispiel notiert, ob der Schüler geometrische Figuren erkennt, gut erzählen und erklären kann und sein Vorwissen einbringt.

Klar, dass es dabei zu recht unterschiedlichen Meinungen zwischen Lehrer, Eltern und Schüler kommen kann. "Um diesen Diskrepanzen auf den Grund zu gehen, dazu sind die Lerngespräche schließlich da", erläutert Deublein den Sinn. Die Arbeit, die der Pädagoge früher für die Zwischenzeugnisse im stillen Kämmerlein aufwenden musste, könne jetzt besser in solche Lerngespräche gesteckt werden.

Elternsprechtage sollen sich dadurch in Zukunft erübrigen. Die Lerngespräche fanden in den vergangenen drei Wochen nach individueller Terminvereinbarung statt. "Alle Eltern und Kinder haben daran teilgenommen und großes Interesse gezeigt", bestätigt der Schulleiter.

"Bei den Lerngesprächen sitzen alle Beteiligten im selben Boot", ist Finns Klassenlehrerin Anita Betz überzeugt. Besonders gefalle ihr, dass auch die Schüler auf Augenhöhe mit in das Gespräch einbezogen seien. "Das stärkt das Selbstbewusstsein der jungen Menschen und hilft ihnen, sich richtig einzuschätzen." Aus den Gesprächen seien die Kinder zumeist fröhlich gegangen, berichtet Betz von "schönen Rückmeldungen". Auch Mutter Siebenlist ist überzeugt: "Im Lerngespräch konnte auf mein Kind ganz individuell eingegangen werden."

Die Quintessenz eines Lerngesprächs ist eine verbindliche Zielvereinbarung. Höchst individuell wird schriftlich formuliert, woran gemeinsam in nächster Zukunft gearbeitet werden soll. Und dann unterschreiben die Gesprächsteilnehmer - Lehrer, Eltern und Schüler. "Das wird seine Wirkung nicht verfehlen", ist sich Schulleiter Deublein sicher. Denn im Zweifelsfall könne das unterschriebene Protokoll zur Erinnerung vorgelegt werden.
Die Grundschule Dittlofsroda hat zur Grundschule Winzenhohl bei Aschaffenburg, die ebenfalls am Modellversuch "Flexible Grundschule" teilnimmt, Kontakt aufgenommen, wie Deublein erklärt.

"Es gilt die Leistungen der Kinder richtig wahrzunehmen und zu würdigen", sagt er mit Bezug auf die eigene und deren Internetseite. Das Lernen sowie eventuelle Fördermaßnahmen könnten nach einem Lerngespräch besser geplant werden. Die Beschreibungen in den Bögen seien so gewählt, dass sie frei von Missverständnissen und Fehlinterpretationen seien, erklärt Deublein. "Das Formular macht für alle Beteiligten transparent, was in der Eingangsstufe verlangt wird", betont der Schulleiter. Er bedaure, dass es solche Lerngespräche nicht auch auf weiterführenden Schulen gebe. Deublein: "So etwas würde ich für mich als Vater und für meine Tochter wünschen, die das Hammelburger Frobenius-Gymnasium besucht."