Immer weniger Nachwuchs im Handwerk
Autor: Matthias Litzlfelder
Würzburg, Dienstag, 15. Januar 2013
Unterfrankens Handwerker sind derzeit sehr zufrieden. 2012 gab es gute Geschäfte, die Aussichten für dieses Jahr sind hoffnungsvoll. Alles in Butter - wäre da nicht die ernste Lage am Ausbildungsmarkt: Immer weniger Jugendliche wollen Handwerker werden.
Dem Handwerk in Unterfranken ging es zuletzt sehr gut. Das ergeben zumindest die jüngsten Konjunkturzahlen der Handwerkskammer für Unterfranken in Würzburg. Demnach gaben im Jahresdurchschnitt 88 Prozent der Betriebe an, mit ihrer Geschäftslage zufrieden zu sein. "Das Jahr 2012 war ein gutes für das unterfränkische Handwerk", sagte Präsident Hugo Neugebauer auf der Jahrespressekonferenz der Kammer. Lediglich im vierten Quartal sei ein leichter Stimmungsabschwung zu verzeichnen gewesen.
Dennoch blickt Neugebauer zuversichtlich in die Zukunft: "Der Wirtschaftszweig Handwerk ist konstanter aufgestellt, nicht so großen Schwankungen unterworfen und damit eben ein stabilisierender Faktor unserer Gesamtwirtschaft." Was sich schon 2011 und 2012 gezeigt habe, werde sich auch 2013 wieder bewahrheiten: Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus und einer geringen Arbeitslosenquote sind die Bürger bereit zu investieren.
Die Handwerker haben jedoch ein großes Problem, das immer deutlicher wird. Die Zahl der Jugendlichen, die in einem Handwerksberuf eine Ausbildung machen, geht kontinuierlich zurück. Laut Hauptgeschäftsführer Rolf Lauer gab es 2012 nur 3002 neue Lehrverträge - ein Rückgang um 5,6 Prozent.
"Es zieht immer weniger junge Menschen ins Handwerk", sagte Lauer. Dies sei auch ein gesellschaftliches Problem. "Weniger Azubis, weniger Gesellen, weniger Versorgungsbetriebe", rechnete Lauer vor. Die Gründe für den Rückgang bei den Ausbildungszahlen lägen nicht nur im demografischen Wandel begründet. Das Handwerk werde in seiner Modernität schlichtweg verkannt, meinte Lauer. Außerdem gebe es einen zunehmenden Drang in weiterführende Schulen. "Wir nennen es schon fast den Akademisierungswahn", sagte Lauer. Derzeit komme jeder dritte Lehrling im Handwerk aus den Realschulen.
Imagekampagne geht weiter
Um hier gegenzusteuern und junge Menschen für einen Handwerksberuf zu begeistern, wird die seit drei Jahren laufende Imagekampagne des Handwerks laut Lauer jetzt verstärkter auf Nachwuchswerbung umgestellt. Außerdem wolle die unterfränkische Kammer in diesem Jahr gezielt auf die Eltern zugehen und sie von den Karrierechancen im Handwerk überzeugen. "Wer sich heute für eine Karriere im Handwerk entscheidet, hat beste Voraussetzungen für einen erfolgreichen beruflichen Weg", sagte Lauer.
Bäcker und Fleischer auf dem Rückzug
Regional betrachtet hinkt die Region Main-Rhön dem Rest Unterfrankens derzeit etwas hinterher, was die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen betrifft. Hintergrund dafür ist die laut Neugebauer industrielle Prägung von Stadt und Landkreis Schweinfurt. Manche Industrie-Unternehmen hätten bereits Kurzarbeit angemeldet oder stellten sich darauf ein. "Gerade handwerkliche Zulieferer betrachten sehr genau die Lage der Industrie.
Wissend um die Auswirkungen des Krisenjahrs 2009 schätzen sie ihre Zukunftsprognosen eher verhaltener ein", sagte Neugebauer. Was die einzelnen Gewerke angehe, sei das Lebensmittelhandwerk Vorreiter beim Problem Fachkräftemangel. Präsident Neugebauer, zugleich Fleischer-Meister mit eigenem Betrieb, zeigte die Folgen dieser Entwicklung auf. Im Jahr 2004 habe es noch 130 Fleischereibetriebe in Stadt und Landkreis Würzburg gegeben. Mittleerweile sind es nur noch 94 - ein Rückgang von rund 28 Prozent.