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"Immer musste ich hingehen"


Autor: Sigismund von Dobschütz

Nüdlingen, Freitag, 12. Februar 2016

Vor fünf Jahren wurde das Amt der Nüdlinger Seniorenbeauftragten "geboren". Birgitt Waldner erinnert sich an die nicht immer einfachen Anfänge.
Gemeinderätin Birgitt Waldner (63) erinnert sich gern an ihre Zeit und ihre Initiativen als Nüdlingens erste Seniorenbeauftragte. Foto: Sigismund von Dobschütz


Vor fünf Jahren kam Nüdlingens Gemeinderätin Birgitt Waldner (CSU) auf die gute Idee: Eine von der Gemeindevertretung gewählte Seniorenbeauftragten sollte sich im Rat und bei der Verwaltung für die spezifischen Interessen und Belange älterer Einwohner einsetzen. Nur wenige Monate später wurde sie im Februar 2012 zur ersten Seniorenbeauftragten in der Geschichte Nüdlingens bestellt.

Doch nach nur zwei Jahren gab sie im Mai 2014 ihr Amt an Rats- und Fraktionskollegin Liane Hofmann ab.

Für die Jugend war 2011 gesorgt. Es gab damals schon den Jugendrat und den Jugendbeauftragten. "Für die Senioren war niemand zuständig", erinnert sich Waldner an die Zeit vor fünf Jahren. "Dabei gibt es doch fast schon mehr Alte als Junge", sinniert die heute 63-Jährige.

Sofort nach ihrer Ernennung machte sie sich an die Arbeit. Noch immer blitzt aus Waldners Augen die Begeisterung, wenn sie über diese Arbeit und ihre Erfolge spricht. "Wenn ich etwas mache, dann mache ich es total."


Erst einmal Einbahnstraße

Mit dem damaligen Bürgermeister Günter Kiesel, von dem sie sich immer gut unterstützt fühlte, besuchte sie Senioren zu runden Geburtstagen. Oder sie ging zu Seniorennachmittagen, um sich nach den Sorgen und Nöten der Alten zu erkundigen. "Niemand kam zu mir, immer musste ich hingehen." So erfuhr sie, dass nach der Sanierung der Hauptstraße in Haard am Ortsrand die Bushaltestelle vermisst wurde. "Zeitnah wurde eine Haltestelle an der Bärenburg eingerichtet."

Unter dem Motto "Zusammen ist man weniger allein" organisierte sie Veranstaltungen unterschiedlichen Inhalts. Da las Pfarrer Roland Breitenbach aus seinen Büchern oder Bremens Altbürgermeister Henning Scherf erzählte von seiner Senioren-Wohngemeinschaft. Die WG-Idee fand Waldner nachahmenswert, musste aber schnell erfahren: "So etwas klappt nicht bei uns auf dem Land." Die Familienbindung ist noch recht gut. Die Alten wohnen oftmals bei den Kindern oder noch im eigenen Haus, wo sie von Angehörigen versorgt werden. Deshalb wurde auch der von ihr arrangierte Lieferservice des Supermarktes nicht angenommen, obwohl der Markt fußläufig schwer erreichbar ist. "Wenn meine Tochter kommt, kaufen wir zusammen ein", war auch in diesem Fall ein häufig gehörtes Gegenargument. Doch die Idee des Betreuten Wohnens ist nicht vergessen und wird vom jetzigen Bürgermeister Harald Hofmann unterstützt.


Wenn Männer Suppen kochen

Gern erinnert sich Waldner an ihren Kochkurs nur für Männer in der Schlossbergschule. Da ging es um schmackhafte Dressings für Salate oder die Zubereitung von Suppen. "Also einfache Sachen, die auch ein Mann versteht", ist Waldners spontane Kurzfassung. Besonders beliebt war das Wirtshaussingen, das drei Mal stattfand. "Die Senioren waren alle begeistert.

Regelmäßige Veranstaltungsreihen wollte sie nicht aufbauen. "Man darf es nicht überziehen", hat sie gelernt. Das passte zu ihr. "Ich bin kein Mensch für Serien; ich habe immer neue Ideen." Doch nicht alle Ideen kamen bei den Senioren gut an. Für Gymnastikkurse oder die Schreibwerkstatt zum Verfassen eigener Prosa fanden sich keine Teilnehmer.

Die größte Panne erlebte Waldner allerdings bei dem breit angekündigten Filmnachmittag. "Der Saal war voll, aber der Film hatte keinen Ton." So musste schnell, während die Senioren bei Kaffee und Kuchen saßen, Ersatz beschafft werden. Statt des preisgekrönten deutschen Films "Kirschblüten - Hanami" wurde der US-Film "Grüne Tomaten" gezeigt. "Das war schon ziemlich heftig", erinnert sich die damalige Seniorenbeauftragte an ihren größten Reinfall und kann heute darüber lachen.

Stolz ist Waldner auf den neuen Seniorenwanderweg um den Naturfriedhof herum. Auf einer fünf Kilometer langen und speziell beschilderten Wegstrecke wurden im Abstand von 600 bis 800 Metern Sitzbänke aufgestellt. Die Idee stammte noch aus ihrer Amtszeit, eröffnet wurde der Wanderweg aber erst 2015. "Dieses Projekt ist wirklich erfolgreich", freut sich Waldner heute. "Ich sehe dort immer Ältere sitzen."


Jetzt sollten andere ran

"Die Veranstaltungen haben den Senioren Spaß gemacht und mir auch", denkt Waldner gern an ihre nur zweijährige Amtszeit zurück. Warum sie ihr Ehrenamt abgegeben hat? "Das Projekt war gut eingeführt", ist die einfache Antwort. Im Wahlkampf hatten einige Kandidaten gesagt, sich mehr für Senioren einsetzen zu wollen. "Sollen sie es doch tun", hatte sich Waldner gedacht. "Es ist immer gut, wenn neue Leute mit neuen Ideen kommen." So sagt ihr Verstand. Im Herzen hängt die erste Seniorenbeauftragte Nüdlingens noch immer an ihrer Seniorenarbeit. Gern blättert sie deshalb in den alten Zeitungsausschnitten und Programmzetteln. "Ich bin ein positiver Mensch. Ich wollte Freude am Leben geben." Ihre Nachfolgerin ist Liane Hofmann.