Imkerfrust durch Neonics: Warum das Insektengift weiter für Ärger sorgt
Autor: Rebecca Vogt
LKR Bad Kissingen, Donnerstag, 04. November 2021
Es dient dem Pflanzenschutz, stellt für Insekten aber eine tödliche Gefahr dar: Ein notfallzugelassenes Mittel sorgt für Konflikte zwischen Zuckerrübenbauern und Imkern. Diese können heuer weniger Honiggläser füllen und geben dem Gifteinsatz eine Mitschuld.
Das Jahr 2021 war ein schwieriges für die Imkerinnen und Imker. Zum einen fiel die Honigernte eher schlecht aus, wie Annette Seehaus-Arnold aus Burglauer in der Nähe von Münnerstadt berichtet. Die Imkerin ist Präsidentin des Deutschen Berufs- und Erwerbs-Imker-Bundes (DBIB). Eine Ursache für den geringen Ertrag bei der Ernte sei das schlechte Wetter gewesen. Ein weiterer Grund seien "die ausgeräumten Agrarlandschaften". Erklärend fügt sie an: "Nach dem Raps blüht ja nichts mehr. Wir bräuchten mehr Blühflächen in der Breite."
In der Region sei es noch "einigermaßen gegangen", was die Honigernte betrifft, berichtet sie weiter. Etwa ein Drittel oder die Hälfte des normalen Ertrags sei am Ende zu Buche gestanden. "Aber es gibt deutschlandweit auch Regionen, in denen überhaupt nichts geerntet wurde."
Notfallzulassung ermöglichte Neonics-Einsatz
Neben der mauen Erntebilanz bereitet den Imkerinnen und Imkern vor allem der Einsatz eines in der Europäischen Union eigentlich verbotenen Neonikotinoids Sorgen. Es handelt sich hierbei um den Wirkstoff Thiamethoxam. Dieser wurde im Frühjahr über Zuckerrüben-Saatgut, das mit dem Pflanzenschutzmittel Cruiser 600 FS gebeizt war, auf Feldern ausgebracht. Möglich machte den Einsatz eine Notfallzulassung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mit dem Ziel, die Zuckerrüben vor Befall durch das Vergilbungsvirus zu schützen und so die Ernte zu sichern.
Das notfallzugelassene Mittel ist jedoch ein Insektizid, das als Nervengift für Insekten - und damit auch für die Bienen - eine tödliche Gefahr darstellt. Der Einsatz war daher an strenge Auflagen geknüpft. So musste etwa sichergestellt werden, dass auf den betroffenen Feldern nichts zur Blüte kam.
"Wir haben festgestellt, dass mit Neonics gebeizte Felder trotzdem geblüht haben", sagt Seehaus-Arnold. Es habe sich hierbei um Beikräuter gehandelt. "Wir wissen nicht, wie und wann das von den Ämtern überhaupt überprüft wurde", sagt sie. Man warte bis heute auf eine Antwort (dazu siehe unten).
Neonikotinoid-Rückstände in Wasserproben gefunden
Im mittelfränkischen Uffenheim wurden, wie der Bayerische Rundfunk berichtete, nach einem Starkregenereignis vom Aktionsbündnis für Neonic-freie Landwirtschaft und vom Imkernetzwerk Bayern Proben genommen, etwa aus Gräben, die an Zuckerrübenfeldern vorbeiliefen. In allen Proben fand ein Labor dem Bericht zufolge Neonikotinoid-Rückstände "weit über dem Grenzwert".
Für Seehaus-Arnold stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, was mit den Erdresten und dem Wasser passiert, das bei der Reinigung der Zuckerrüben in den Fabriken zum Einsatz kommt.