Druckartikel: Ideologische Scheuklappen verhindern Würdigung

Ideologische Scheuklappen verhindern Würdigung


Autor: Ralf Ruppert

Bad Brückenau, Freitag, 13. Sept. 2013

Der Umgang mit dem Widerstandskämpfer Ernst Putz hat sich im Laufe der Zeit gewandelt: Verehrt in der DDR, nach der Wende aber auch dort aus dem Gedächtnis gestrichen, wird er nach und nach wiederentdeckt.
Erinnerungstafel in Oberweid. Foto: Tino Hencl


Wer in der Heimatstadt des Bauernführers, Reichstagsabgeordneten und Widerstandskämpfers Ernst Putz auf Spurensuche geht, stößt schnell auf die nach ihm benannte Straße zwischen Stadt und Staatsbad. Das war es dann aber auch: Während etwa in Hammelburg der Zentrumspolitiker Jakob Kaiser Ehrenbürger ist und nach ihm eine Schule benannt wurde, werden die Verdienste von Ernst Putz in seiner alten Heimat bislang kaum gewürdigt.



Das hat viel mit ideologischen Scheuklappen zu tun: Wer als Kommunist in der DDR groß gefeiert wurde, der hatte einen schweren Stand in der Bundesrepublik. Ironie der Geschichte: Nach der Wende wurden die Spuren des 1933 aus dem Weg geschafften Reichstagsabgeordneten schnell verwischt, die Rehabilitation im Westen blieb ihm dennoch bis heute verwehrt.

Dass sich die Bad Brückenauer Bürgermeisterin auf unsere Anfrage zum 80. Todestag hin nun intensiver mit der Geschichte des berühmten Sohnes der Stadt befasst, ist ein gutes Zeichen: Klassenkampf war gestern, heute darf selbst eine CSU-Politikerin die Leistung eines streitbaren KPD-Mitgliedes würdigen, ohne dass ihr ein Zacken aus der Krone fällt.

Auch die Forschung zu Ernst Putz war lange ideologisch geprägt. Die Einordnung der wenigen öffentlich zugänglichen Quellen ist schwer, Originaldokumente wie Tonaufnahmen und Mitschriften von Reden im Reichstag geben nur ein unvollständiges Bild. Umso wichtiger wäre es, jetzt bald alles zu sammeln, was an Erinnerungen, Bildern und Texten noch erhalten ist.