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ICE-Anschlag: Anklage gegen Mann aus dem Landkreis Bad Kissingen erhoben


Autor: Susanne Will

LKR Bad Kissingen, Dienstag, 01. März 2022

Er muss sich mit einer mutmaßlichen Komplizin (60) vor Gericht verantworten, es geht um vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr. In Bad Kissingen ist der Mann kein Unbekannter auf Querdenker-Demos.
Gegen eines dieser massiven Transparente  rauschte ein ICE am 6. Januar 2021. Foto: Ronny Sauer


Der Anschlag auf die ICE-Strecke am 6. Januar 2021 bei Gemünden wird nun justiziabel. Die Staatsanwaltschaft Würzburg beschuldigt einen Mann und eine Frau, an diesem Tag fünf an großen Holzlatten befestigte Plakate über die Schienen gespannt zu haben. Der Mann kommt aus dem Landkreis Bad Kissingen. Er ist einer der Größen in der Querdenkerszene Unterfrankens und bekannt als Organisator diverser Demonstrationen gegen die Pandemiemaßnahmen der Politik.

Gefährlicher Eingriff in Bahnverkehr

Zunächst stand eine weitere Frau im Fokus der Ermittler, gegen sie wurde das Verfahren eingestellt - eine Beteiligung an der Straftat konnte ihr nicht nachgewiesen werden.

Nun hat die Staatsanwaltschaft Würzburg Anklage erhoben, es geht um gemeinschaftlichen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr, verhandelt wird am Schöffengericht des Amtsgerichts Gemünden. Ein Termin zur Hauptverhandlung wurde noch nicht bestimmt.

Das legt die Staatsanwaltschaft den beiden Verdächtigen zur Last: Am 6. Januar 2021 demonstrierten viele Querdenker in ganz Deutschland gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. So wurde unter anderem versucht, die A7 komplett lahmzulegen, indem protestierende Autofahrer auf 80 Stundenkilometer abbremsten um einen Stau zu produzieren. Die Polizei war auch in Unterfranken den ganzen Tag auf der A7 unterwegs, um genau das zu verhindern.

Fünf Hindernisse auf den Schienen

An diesem Tag jedoch wurde auch ein Anschlag auf die ICE-Strecke Gemünden-Waigolshausen verübt. "Den Beschuldigten liegt zur Last, im Rahmen des aus der ,Querdenker-Szene' heraus ausgerufenen sogenannten ,D-Day 2.0' auf der Bahnstrecke Gemünden-Waigolshausen dabei mitgewirkt zu haben, insgesamt fünf an Holzlatten befestigte Plakate, sogenannte Aufsteller, im Gleisbett in einem Abstand von jeweils etwa 2 Kilometern, so aufzustellen, dass ein ICE zu einer Schnellbremsung gezwungen wurde", schreibt Staatsanwalt Thorsten Seebach in einer Mail auf Anfrage der Redaktion. Die Plakate seien handschriftlich in roter Farbe beschriftet gewesen mit den Aufschriften "Achtung Gleisbruch 2 km", "letzte Warnung Gleisbruch", "Diesmal FAKE", "Letzte Warnung Gleisbruch", "Achtung Gleisbruch". Die Plakate verliefen laut Staatsanwaltschaft hierbei quer über den Schienenstrang.

Zugführer ging in Deckung

Der ICE Nr. 1557 der Deutschen Bahn AG befuhr die Bahnstrecke aus Schweinfurt kommend - nur kurze Zeit nach dem Anbringen der Plakate - mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 km/h. Der Zugführer leitete, als der das erste Plakat entdeckte, sofort eine Schnellbremsung ein und ging in seinem Führerhaus in Deckung. Er konnte ein Durchbrechen des "Aufstellers" nicht verhindern und kam mit dem ICE erst etwa 200 Meter nach dem Aufprall zum Stehen.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, mit einer Beschädigung des Triebfahrzeugs und Verletzungen von Fahrgästen jedenfalls gerechnet zu haben. Tatsächlich kam es zu keiner nennenswerten Beschädigung des Zuges. Fahrgäste wurden nicht verletzt.

Der Mann aus dem Landkreis Bad Kissingen ist einer der Wortführer der örtlichen Querdenkerszene und wurde bereits wegen falscher Atteste hinsichtlich des Tragens von Mund-Nase-Masken bestraft. Er ist auch im Team von Anmeldern der Donnerstagsdemonstrationen in Bad Kissingen. In einem Interview mit der Tageszeitung "taz" sagt er auf die Frage, ob er sich als Reichsbürger sehe: "Wenn die Definition eines Reichsbürgers ist, dass er die Souveränität des deutschen Staats nicht anerkennt, dann ja." Im selben Artikel sagte der Mann auch, dass der ICE-Anschlag für ihn "keine Gewalt" darstelle,