Helfen, wo die Not am größten ist
Autor: Markus Reeh
Westheim bei Bad Kissingen, Mittwoch, 02. Januar 2013
Gudrun Binder aus Westheim engagiert sich für bedürftige alte Menschen in Kirgistan. Sie hofft, möglichst viele Unterstützer für das Hilfsprojekt zu finden.
Gudrun Binder kann sich noch gut an die alte Frau erinnern. "Sie saß jeden Tag an der Straße und verkaufte Erdbeeren aus dem eigenen Garten, damit sie über die Runden kommt", erzählt die Westheimerin. Bei einer Rente von durchschnittlich 20 Euro im Monat sind viele der Alten in Kirgistan auf jeden noch so kleinen Nebenverdienst angewiesen. Insbesondere dann, wenn sie keine Familie mehr haben, die sich um sie kümmert.
Viele jüngere Leute haben auf der Suche nach einer besseren Zukunft schon vor Jahren ihre Heimat und damit auch ihre Eltern und Großeltern verlassen. Das rohstoffarme Land steckt seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in einer schweren wirtschaftlichen Krise.
Als Senior Expertin in Klinik
Gudrun Binder engagierte sich vor rund vier Jahren für ein Projekt des Senior Expert Service in Kirgistan. Die examinierte Krankenschwester schulte in einer Privatklinik in der Hauptstadt Bischkek das Personal. Damals lernte sie Klaus-Dieter Häger aus Rotenburg an der Wümme kennen, ebenfalls Senior Experte.
Auch Häger bewegte die Not vieler älterer allein stehender Menschen in dem zentralasiatischen Land. Nach der Gründung einer Stiftung durch die Schweizer Agentur für Entwicklungsarbeit (DEZA) wollte er nun auch einen Verein in Deutschland gründen, um diesen Menschen zu helfen. "Und da hat er mich gefragt, ob ich nicht mitmachen möchte", erinnert sich Gudrun Binder. So wurde sie zur 2. Vorsitzenden des Vereins "Babuschka Adoption Deutschland". Babushka ist russisch und heißt Großmutter, der Verein unterstützt aber auch Großväter (Dedushka).
Viel Elend gesehen
Mit einer Dolmetscherin besuchte Binder dann auch bedürftige Rentner zuhause und sah dort große Not. "Eine der Frauen konnte kaum noch laufen und schlurfte daher immer auf einen Schemel gestützt durch das Zimmer", schildert Binder. Sehnlichst wünschte sich die alte Frau einen Rollator, doch dafür fehlte das Geld.
Am schlechtesten geht es indes den Bettlägerigen. Eine Pflege wie in Mitteleuropa ist in Kirgistan, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, schlicht nicht zu bezahlen. "Ich habe eine Frau gesehen, die notdürftig versorgt eigentlich nur noch vor sich hin vegetierte", beschreibt Binder das Elend.
Inflation frisst Rente auf
Viele der Alten haben ihr ganzes Leben lang gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt. Bei einer jährlichen Inflationsrate von 20 Prozent reichen die Einkünfte nun aber kaum zum Leben. Wer nicht von Angehörigen unterstützt wird oder etwas zu verkaufen hat, ist oft sogar zum Betteln auf der Straße gezwungen.
2011 hat Gudrun Binder den Vorsitz des gemeinnützigen Vereins übernommen und hofft nun, möglichst viele Unterstützer zu finden. "Wer eine Patenschaft übernimmt, kann einer Babushka oder einem Dedushka zu einem menschenwürdigeren Leben verhelfen", bittet Binder um Hilfe. Die Paten zahlen jährlich 150 Euro oder alle zwei Monate 25 Euro. Die Bedürftigen bekommen zweimonatlich umgerechnet 20 Euro ausgezahlt. Die übrigen 30 Euro werden vor allem für Haushaltshilfe und Pflegedienst sowie Verwaltungskosten benötigt. Die Unterstützer können auch jederzeit von ihrer Patenschaft zurücktreten. Der Verein freut sich nicht nur über Paten, sondern auch über Einzelspenden. "Jeder Euro hilft", betont Gudrun Binder.
Gudrun Binder hat bei der HypoVereinsbank Bad Kissingen folgendes Spendenkonto eingerichtet: Babushka Adoption Deutschland e. V., Kto.Nr. 126 194 13, Bankleitzahl 793 200 75. Außerdem gibt es noch das Paypal-Konto: paypal@babushkaadoption.org. Wer sich für die Stiftung interessiert und eventuell eine Patenschaft übernehmen möchte, kann sich im Internet unter der Adresse www.babushkaadoption.org informieren. Gudrun Binder erteilt auch persönlich Auskunft unter Telefon 09732/ 780 772.