Handwerk 4.0: Neue Zeiten für Lehrlinge im Kreis Bad Kissingen
Autor: Ronald Heck
Bad Kissingen, Donnerstag, 08. Sept. 2016
Den unterfränkischen Handwerksbetrieben fehlt es weiterhin an Nachwuchs. Die technologische Entwicklung hat die Arbeit verändert.
"Der Handwerker wird immer rarer", sagt Anton Hesselbach. Der Kreishandwerksmeister macht sich Sorgen um seinen Berufsstand. Im September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Viele Handwerksbetriebe im Landkreis tun sich immer noch schwer, Auszubildende zu finden.
1 000 Stellen sind noch frei
In Unterfranken starten dieses Jahr 2 328 junge Menschen ihre Lehre im Handwerk.
"Das ist eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahr", sagt Rudolf Lauer, der Geschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken. Auf ihrer Lehrstellenbörse sind trotzdem noch rund 1 000 freie Ausbildungsstellen ausgeschrieben.
"Es ist bei den jungen Leuten noch nicht angekommen, dass der Handwerker in Zukunft viel gefragter ist als der Abiturient", meint Hesselbach. Der Bäckermeister aus Sulzthal ist seit Mai Kreishandwerksmeister von Bad Kissingen.
In vielen Betrieben in der Region fehle es an fähigen Mitarbeitern. Er kennt Installateure und Elektriker aus dem Landkreis, die manche Anfragen ablehnen müssen. "Der Handwerker um die Ecke ist bis an die Ohren voll mit Aufträgen", meint Anton Hesselbach. Das bekämen auch die Kunden zu spüren. "Es gibt schon jetzt Leute, die einen Handwerker brauchen und keinen finden. Auch hier bei uns im Landkreis", so Anton Hesselbach. Er findet, die Ursachen für den Fachkräftemangel sind der demografische Wandel und der Trend hin zur Akademisierung in Deutschland.
Im Internet um Azubis werben
Rolf Lauer ist der Meinung, dass es bald noch schwieriger wird, einen Handwerker zu bekommen, sobald die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen.
Um Auszubildende für das Handwerk zu gewinnen, informiert die Handwerkskammer auf Veranstaltungen an Mittel-, Realschulen und Gymnasien in Unterfranken. Außerdem werben sie im Internet, unter anderem über Facebook und Twitter. Mit der Handy-App "Lehrstellen-Radar" können junge Leute nach Ausbildungsplätzen in ihrer Gegend suchen.
"Es zeigen sich erste Tendenzen, dass wir den negativen Trend abfangen", sagt Lauer.Auch die einzelnen Handwerksbetriebe sollten aktiv im Internet präsent sein, rät Michael Wieden, der Wirtschaftsförderer der Stadt Bad Kissingen. Handwerker sollten online mit ihren Kunden in Kontakt bleiben und mit eigenen Webseiten "ihr Alleinstellungsmerkmal herausstellen". Michael Wieden sagt: "Bei den digitalen Medien geht es darum: Wie bleibe ich am Kunden dran?". Im Internet können die Handwerker zudem mehr Kunden ansprechen und sind dadurch weniger auf Laufkundschaft angewiesen. Außerdem bieten die digitalen Medien den Ausbildungsbetrieben die Möglichkeit, junge Menschen aus der Region zu erreichen und so Lehrlinge zu finden.
IT und Computer sind Alltag
Die Digitalisierung wirkt sich auch direkt auf die Arbeit der Handwerker aus.
Anlagen- und Kfz-Mechaniker arbeiten beispielsweise bereits alltäglich mit programmierten Steuerungen und Informationstechnik. Digitale Messgeräte und Maschinen kommen sowohl im Schlosserhandwerk als auch in Bäckereien und Metzgereien zum Einsatz. Zur Buchführung und Dokumentation nutzen die meisten Handwerksbetriebe heutzutage einen Computer.
"Jeder spricht immer nur von der Industrie 4.0 - doch auch im Handwerk ist die Digitalisierung voll im Gange", sagt Rudolf Lauer.
Serie: Handwerk 4.0
Unleserliche Notizen, Leerfahrten, falsche Kalkulationen: Mit dem Einsatz von Branchensoftware und mobilen Geräten lassen sich in den Unternehmen solche Fehler vermeiden.
Zudem erhöht die digitale Vernetzung die generelle Effizienz.Solche Veränderungen fließen natürlich auch in die Ausbildung im Handwerk ein. Zum Handwerkertag 2016, der in diesem Jahr am 17. September begangen wird, stellen wir in einer kleinen Serie vor, wie die Digitalisierung in den Ausbildungsberufen Einzug hält. Die einzelnen Teil werden nach dem Auftaktartikel am 13., 14., 15. und 16. September erscheinen. Dabei wird jeweils ein Handwerksberuf und seine neue digitale Ausrichtung beschrieben.