Druckartikel: Wie es früher an Weihnachten war

Wie es früher an Weihnachten war


Autor: Arkadius Guzy

Hammelburg, Donnerstag, 15. Dezember 2016

Mit keinem Fest verbinden sich so viele und so lang anhaltende Erinnerungen wie mit Weihnachten.
Brigitte Ruppert macht auf ihrem Spielzeugherd einen Topf mit Wasser heiß. Foto: Arkadius Guzy


Wann sie ihn bekommen hat, weiß Brigitte Ruppert nicht mehr. Der Spielzeugherd aus Blech war aber auf alle Fälle ein Weihnachtsgeschenk. "Es hängen viele Erinnerungen daran, deshalb habe ich ihn bis heute", sagt sie. In dem Herd konnte sie sogar richtig Feuer machen.

Beim Erzählschoppen "erlebt & erzählt" der Stadtbibliothek demonstriert sie später, wie es geht: Eine Esbit-Brennstoff-Tablette reicht, und schon züngelt zur Begeisterung der Zuhörer eine kleine Stichflamme unter dem Puppentopf.

Brigitte Ruppert sitzt zusammen mit Christl Harmgarth, Anneliese Kleer und Christa Plihal vor einer mit Tannenzweigen und Lametta geschmückten Wand, um zu berichten, wie die Advents- und Weihnachtszeit in ihrer Kindheit aussah. Moderator Ernst Stross und viele der Zuhörer können leicht ihre persönlichen Erinnerungen an die Erzählungen flechten.

In der Adventszeit sei es ruhiger geworden, erinnert Ruppert sich. Auf dem Hof stand nicht mehr so viel Arbeit an. Bei Christa Plihal in der Familie war es ähnlich: "Die Mutter hatte mehr Zeit für uns."

Viel Raum für Privatheit blieb Anneliese Kleer in der Anfangszeit in Hammelburg dagegen nicht. Die Familie war 1948 aus dem Sudetenland ausgesiedelt. Wie für so viele war das Lager in Hammelburg das erste Zuhause in der Region. Neben den Flüchtlingen hatten damals auch die amerikanischen Soldaten ihr Quartier auf dem Lagerberg.

Zu Weihnachten luden die Amerikaner die Lagerkinder ein. Es gab Geschenke und Essen - und "Eis mitten im Winter. Das war eine Sensation für uns", sagt Kleer.

Erst später konnte die Familie ihre Tradition aus der Heimatregion wieder voll leben. So konnte die Mutter das Neunerlei, neun verschiedene Gerichte, für Heiligabend zubereiten. Ein Brauch, den die Familie bis zum Tod des Vaters beibehielt, wie Kleer erklärte.

Christl Harmgarth, 1934 in Halle an der Saale geboren und dort aufgewachsen, erlebte Heiligabend "manchmal im Luftschutzkeller". Ansonsten fand die Bescherung meist recht früh am Tag statt, wenn ihr Vater, Lokführer bei den Leunawerken, zur Arbeit musste.

Eine der Erinnerungen, die Plihal und Ruppert mit vielen Zuhörern teilen, sind die Rorate-Gottesdienste in der Adventszeit - frühmorgens noch vor der Schule. "Wir haben in der ungeheizten Kirche gefroren. Ich habe nie verstanden, warum man die Kinder zu den Rorate-Messen gezwungen hat", sagt Ruppert. Da die Schule nach der Messe längst nicht auf war, mussten sich die Kinder hinterher auch noch die Zeit auf dem Kirchenhof vertreiben.

So viel Dekoration wie heute gab es früher in den Häusern nicht, erwähnt Plihal. Nur Zweige am Kruzifix im Zimmer. Aber es gab damals Lametta, wie Stross sopäter auf den Schmuck an der Wand deutet. "Das hat man heute nicht mehr so." Und Ruppert weiß: Das Lametta wurde nach dem Fest ordentlich in Zeitungspapier gewickelt und bis zum nächsten Jahr aufbewahrt.