Wenn der Regisseur spontan zum Butler wird
Autor: Winfried Ehling
Hammelburg, Sonntag, 10. Juli 2022
Die Leichen stapeln sich bei Spectaculum im Keller stapeln. Nach drei Jahren Pause sind die Laienspieler zurück mit neuem Regisseur und einem Krimistück, das es in sich hat . Karten fürs nächste Wochenende sind noch zu haben.
Spectaculum ist mit einem Mord(s)-Paukenschlag zurück. Mehr als zwei Jahre ins kulturelle Ödland verbannt, trat die Laientheater-Gruppe mit teils frischen Kräften und dem neuen Regisseur Markus Arneth mit Agatha Christies Romanwerk "Und dann gabs keines mehr" auf der Freilichtbühne von Schloss Saaleck auf.
Ein einsames, britisches Eiland, Soldier Island, ist der Handlungsort. Zehn Menschen sind hier zu einer Gala eingeladen. Bis auf das bedienstete Ehepaar, Ethel und Thomas Rogers, sind sie einander nie begegnet. Gastgeber sind unbekannterweise Mrs. und Mr. Oddey, die die Neugier und wahrscheinlich auch Spekulationen auf Geschenke oder merkantile Vorteile weckten. Soldier Island ist nur mit dem Boot zu erreichen. Typisch englisches Wetter verhindert eine Rückfahrt oder Flucht. Dazu gibt es kein Telefon auf der Insel. Es existiert keine Verbindung nach außen und die Gastgeber glänzen durch Abwesenheit. Unbehagen breitet sich aus, denn alle Geladenen hüten ein düsteres Geheimnis in ihrer Vergangenheit, das nie gesühnt wurde. Sind sie in eine Falle geraten?
Der Neue und die "Kriegerlein"
Es sei vorweggenommen. Die Gesamtleistung der Darsteller verdient hohe Anerkennung zumal Spectaculum seit drei Jahren nicht mehr auftreten konnte und mit Markus Arneth einer neuer Regisseur das Ruder in die Hand nahm, der erst einmal mit den Akteuren "warm" werden musste. Der Leiter des Jack-Steinberger-Gymnasiums, beileibe kein Frischling auf den Theaterbrettern, hatte dieses Hobby schon zu den Akten gelegt bis er einen Anruf der Hammelburger Spielerschar erhielt. Bei Arneth wurde das Theaterfeuer neu entfacht. Hinzu kam, dass Wolfgang Althoff als Akteur ausfiel, und Arneth selbst die Rolle des Butlers übernahm.
Das Kriminalstück ist dem Kinderreim "Zehn kleine Negerlein" entsprungen. Die Haupt-Protagonisten: Lydija Macek-Sollfrank als Vera Claythorne, die als Sekretärin der geheimnisvollen Oddeys engagiert wurde, Privatdetektivin Wilhelmina Blore alias Anne Rauschmann und der Abenteurer, Major Philip Lombard (Torsten Korff). Mit den umfangreichsten Textpassagen ausgestattet, zeigten sie sich als ambitionierte Schauspieler mit Erfahrung auf der Bühne.
Dazu Elisabeth Lamprecht in der Rolle der Lady Laura Wargrave hat den Ruf als gnadenlose Richterin, der "Gerechtigkeit" bis zum letzten Blutstropfen verpflichtet zu sein. Logisch, manipulierend und emotionslos zieht sie ihre Fäden. Sie ist es auch die, die den Namen des Gastgebers Norman Olick B. Oddey anhand eines Briefes dechiffriert - Mr. Nobody, die Stimme auf dem Tonband (Horst Sollfrank). Lamprecht war eine überaus treffende Wahl für diese Figur.
Carolin Brent (Sandra Eichelbrönner-Fickert) eine streng orthodoxe "alte Jungfer" und Antipod von Vera Claythorne glaubt ein reines Gewissen zu haben, obwohl sie ihre schwangere 17-jährige Bedienstete aus dem Haus warf, die daraufhin ins Wasser ging. Dr. Edith Armstrong (Stephania Eideloth) operierte im betrunkenen Zustand eine Frau, die danach starb. Mit dem Wechsel zur Nervenärztin will sie die Schandtat vertuschen. Beide Darstellerinnen überzeugten in diesen Rollen.
Dieter Moschinsky, dem der Part des Generals. a. D. John Gordon Mackenzie auf den Leib geschneidert war, sehnte seine verstorbene Frau zurück, deren Liebhaber er einst auf ein "Himmelfahrtskommando" schickte, von dem dieser nicht zurückkehrte. Anthony James Marston (Roger Jaguczak), ein junger Lebemann, ist ein Freund schneller Autos und des Whiskeys. Hatte er nicht mit überhöhter Geschwindigkeit zwei Kinder überfahren? Den immer jovialen und trinkenden Playboy, den er pointiert mimte, erwischte das Zyankali im Whiskey-Glas als erstes Opfer. "Zehn kleine Kriegerlein tranken in der Scheu'n, eins davon verschluckte sich, da waren's nur noch neun".