Waldkindergarten Hammelburg: Im März 2023 soll es losgehen
Autor: Ralf Ruppert
Hammelburg, Montag, 21. Februar 2022
Der Stadtrat stimmt der Schaffung eines neuen Wald-Kindergartens zu. Träger wird die katholische Kirchengemeinde, los gehen soll es frühestens im März 2023.
Eigentlich waren sich alle über den Bedarf einig, trotzdem hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung lange über die Errichtung eines neuen Wald-Kindergartens diskutiert. Vor allem ging es dabei um die Standort-Frage: Die Stadt-Verwaltung hatte ein städtisches Grundstück zwischen Buch- und Sindlersberg nördlich der Kernstadt vorgeschlagen, die Stadträte machten weitere Vorschläge und forderten einen Ortstermin. Am Ende gab es einen einstimmigen Beschluss für einen Wald-Kindergarten, damit dürfte es auch beim Standort an der Zufahrtsstraße zur Weinbergshütte "Vinica" bleiben.
Stadt-Kämmerin Jennifer Triest stellte das Projekt vor. "Die Stadt ist verpflichtet, ausreichend Kinderbetreuungsplätze anzubieten", stellte sie klar. Dabei sei die Ergänzung des bestehenden Angebots um einen Wald-Kindergarten die beste Lösung: Es seien keine hohen Investitionen notwendig, und wenn der Bedarf zurück gehe, könne ein Wald-Kindergarten schnell und kostengünstig wieder zurückgebaut werden. Aktuell steige die Nachfrage nach Betreuungsplätzen, vor allem in der Kernstadt und immer öfter nach alternativen Betreuungsformen. Triest verwies zudem auf den Bezug zum Biosphärenreservat Rhön und dem in Hammelburg ansässigen Natur-Erlebnis-Zentrum Rhön.
Die Stadt-Kämmerin und ihre für Kindergärten zuständige Mitarbeiterin Anja Brell hatten sich im Vorfeld über alle Rahmenbedingungen informiert. Als Vorbild stellte Triest den Wald-Kindergarten in Ramsthal vor. Die Ansprüche an den Standort seien sehr gering, berichtete die Kämmerin. Es brauche weder einen Strom- noch einen Wasseranschluss. In Ramsthal würden zum Beispiel die Eltern das Wasser in Kanistern mitbringen.
In Absprache mit dem Revierförster und den Jagdpächtern habe sich die Verwaltung zahlreiche Flächen angesehen. Auch der Bürgermeister sei einen ganzen Tag lang mit unterwegs gewesen. Am Ende sei die Fläche zwischen Kernstadt und Untererthal übrig geblieben. Für einen Wald-Kindergarten dort gebe es bereits die Zustimmung des Jagdpächters und des Jugendamts. Die Kämmerin stellte jedoch klar, dass es sich um eine eigenständige Einrichtung handeln muss, als Waldgruppe eines bestehenden Kindergartens wäre er nicht genehmigungsfähig. Als Träger holte die Stadt die katholische Kirchenstiftung St. Johannes Hammelburg mit ins Boot. Es seien einmalig 50 000 Euro für den Wald-Kindergarten eingeplant. Die Stadt prüfe gerade, ob es Fördermittel geben könnte. Eine Inbetriebnahme sei nicht vor März 2023 möglich, kündigte Triest an. "Wir hätten das gerne früher gehabt, aber vieles braucht halt seine Zeit", verwies die Kämmerin auf notwendige Genehmigungen, einen Nutzungsvertrag, Bauarbeiten, die Suche nach qualifiziertem Personal und vieles mehr. Trotzdem sei jetzt ein Grundsatz-Beschluss des Stadtrates notwendig: "Wir machen nur weiter, wenn wir wissen, dass Sie hinter dem Projekt stehen."
Wahrnehmung und Wertschätzung
"Das soll keine Konkurrenz zu den bestehenden Kindergärten sein, sondern eine Ergänzung", stellte Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) klar. "Ich will das unbedingt", sagte 3. Bürgermeister Christian Fenn (Junge Liste). Alternative Konzepte zu den üblichen Kindergärten seien eine große Bereicherung, Kinder hätten dort die Möglichkeit, wieder Natur und Wetter unmittelbar wahrzunehmen. Aus der Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Zeltlager berichtete Fenn: "Die Kinder lernen, Kleinigkeiten mehr wertzuschätzen."
CSU-Fraktionssprecher Martin Wende sprach von einem pädagogischen Trend: "Wenn wir eine moderne Stadt sein wollen, muss man das unterstützen." Den Standort bezeichnete Wende allerdings als "unglücklich". Er forderte, dass die Stadt ein Konzept erarbeite, wo Natur weiter belastet werde und wo Entlastungen möglich seien. Auch andere Stadträte störten sich am Standort, Albrecht Leurer (CSU) schlug zum Beispiel den ADAC-Platz vor, dort gebe es auch Strom und Wasser.
Alle Beteiligten, darunter auch Kerstin Augsburg von der katholischen Kirchenstiftung, verteidigten jedoch die Standortwahl. Der ADAC-Platz sei untersucht worden, zum einen habe der Jagdpächter dort Einwände, zum anderen grenze unmittelbar die Kernzone des Biosphärenreservats an. "Wir brauchen einen Jagdpächter, der an unserer Seite ist", sagte Augsburg. An der Zufahrt zur Vinica gebe es bereits Einschränkungen fürs Wild. Umgekehrt lobte Augsburg die kurzen Wege von dort zu einem Bauernhof und zu Fischteichen, mit denen die Kindergärten sowieso zusammenarbeiten. Auch die nahen Weinberge könnten einbezogen werden.