Volles Rohr weg vom Folklore-Image
Autor: red
Hammelburg, Donnerstag, 19. Februar 2015
33 Alphornisten lernten beim Seminar an der Bayerischen Musikakademie in Hammelburg reizvolle Zwischentöne.
300 bis 400 Alphornisten gibt es nach Schätzungen von Ralf Denninger in Deutschland. 33 davon trafen sich zu einem Seminar des Nordbayerischen Musikbundes an der Bayerischen Musikakademie. Die Hälfte davon etwa aus Vorrhön und Rhön.
Referent Denninger (Bad Friedrichshall) ist ein anerkannter Botschafter für das Instrument. Zum Kurs an der Musikakademie gab es dieses Mal sogar eine Warteliste. Das Interesse in Fachkreisen ist groß, aber der Zulauf zu dem Instrument insgesamt überschaubar.
Boom ebbt schon wieder ab
"Vor zehn Jahren hatten wir einen kleinen Boom", sagt Denninger. Aber er ebbt schon wieder ab. Was Laien nicht verwundert. Das knapp vier Meter lange Holzblasinstrument ist schwer zu spielen.
Es hat keine Klappen oder Tasten und ist mit 2000 bis 4000 Euro verhältnismäßig teuer.
Die Töne werden ausschließlich über Körperspannung und Gesichtsmimik moduliert. Anfänger ganz ohne Vorbildung bringt das schon mal zur Verzweiflung. Neun Kursteilnehmer stellten sich dieser Herausforderung erstmals.
Geduld und Technik wichtig
Bis die ersten Töne sitzen, braucht es Geduld. Aber gar nicht so viel Puste, wie man glaubt. Die richtige Technik macht die Musik. Von Vorteil für den Lernfortschritt ist, das etwa drei Viertel der Beginner schon vorher ein Blasinstrument gespielt haben. Bis alle 16 möglichen Töne sauber gespielt werden können, heißt es üben, üben, üben.....
Dennoch wurde das Abschlusskonzert zum Erfolgserlebnis.
Vom Anfänger über die Fortgeschrittenen bis hin zu sieben Virtuosen spielten die Kursteilnehmer den Marsch Preußens Gloria in einer Boogie-Woogie-Fassung.
Wer glaubt, bei der Instrumentenfülle würden die Fenster bersten, sieht sich getäuscht. "Das Alphorn passt sich seiner Umgebung an", sagt Denninger. Im Freien läuft es zu seiner vollen Lautstärke auf, im Konzertsaal und im Probenraum klingt es viel dezenter.
Nicht nur deshalb will Ralf Denninger die Fangemeinde stärken. Er zählt sich zu einem harten Kern von etwa zehn Fachleuten, die die Notenliteratur für Alphorn weiterentwickeln. Dazu schreibt er Volkslieder, Märsche und Walzer um und nimmt gerne Anleihen beim Swing und Boogie-Woogie.
Werbung für sein Hilfsprojekt
Mit seiner Leidenschaft bewegt sich der Dozent für Posaune an der Universität Heidelberg in prominenten Fußstapfen.
Ziemlich unbekannt ist, das sogar Wolfgang Amadeus Mozart ein Stück für Alphorn schrieb.
Und so gibt Denninger viel, um das Alphorn aus seiner folkloristischen Ecke zu holen. Es handelt sich nämlich keinesfalls "nur" um das Nationalinstrument der Schweiz. "Die haben es nur am besten vermarktet", schmunzelt Denninger. Das überlange Horn war früher in vielen Gebirgsregionen verbreitet. Denninger spricht auch vom "Alpen-Handy". Mit Rufsignalen bekundeten sich eingeschneite Bergbauern, dass es ihnen gut geht, dass das Essen langt oder die Viecher gesund sind. Ja mehr noch: In Afrika gilt das Alphorn als Ursprung der Vuvouzela. Gerne reist er auf dem schwarzen Kontinent diesen Spuren nach und gibt dort Konzerte. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 war er in Südafrika und erregte mit seinem bunten Alphorn bei TV-Beiträgen rund um den Globus Aufsehen. Bei fast jeder Nationalmannschaft war er zu Gast.
Dies ist willkommene Werbung für sein Hilfsprojekt. Aus dem Erlös von Auftritten kauft er Instrumente, um bei jungen Afrikanern die Lebensfreude zu erhöhen.
In Hammelburg ist er spätestens wieder im Februar 2016. Wegen der großen Nachfrage wird über einen zusätzlichen Herbstkurs an der Akademie nachgedacht.