Vielfältiges Leben im Weinberg
Autor: Elisabeth Assmann
Hammelburg, Dienstag, 22. August 2017
Eine Exkursion mit dem Bund Naturschutz führte Interessierte in die Weinberge. Dort informierte Biologe Joachim Raftopoulo über Pflanzen und Insekten.
Rund 25 Wissbegierige machten sich mit dem Biologen und Geobotaniker Joachim Raftopoulo auf den Weg in die Weinberge im Ofenthal. Hier finden sich noch traditionelle Weinbergsmauern, die einen wichtigen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten bieten. Zwischen den Weinbergen befinden sich auch aufgelassene Feldstücke, die mit Hecken überwuchert sind. Anschaulich zeigt sich hier die Kraft der Natur, sich Kulturlandschaften wieder zurückzuerobern.
Raftopoulo kam immer wieder auf dieses Thema zurück: Inwieweit es Sinn macht, Neophyten (neu eingeführte Pflanzen, wie etwa die Asiatische Zackenschote) zu bekämpfen. Die Definition, dass alles, was nach 1492 nach Europa kam, Neophyten sind und nicht in unsere Landschaft gehört, sei nicht so einfach. Zum Beispiel ist die Rosskastanie einheimisch, wurde durch die Eiszeit zurückgedrängt und hat sich danach wieder ausgebreitet. Vermeintlich einheimische Arten, wie etwa die Weiße Taubnessel oder Spitzwegerich, sind erst später zu uns gekommen.
Die sich stark verbreitenden Neophyten sind oft Ruderalpflanzen, das heißt, sie wachsen auf offenen Böden, wie etwa am Acker, an Wegrändern oder in den Weinbergen. Raftopoulo sieht auch das Positive mancher Neophyten: Die Ungarische Kugeldistel, die Kanadische Goldrute oder gar die Orientalische Zackenschote sind eine wichtige Trachtquelle für Wildbienen. "Die Kanadische Goldrute hat genauso wirksame Heilstoffe wie die heimische Goldrute," betont der Botaniker. Andererseits verändert die vom Menschen in die Hochrhön ausgesäte Lupine durch ihre Stickstoffproduktion die Bodenfruchtbarkeit und verdrängt viele Arten.
Großer Artenreichtum
Raftopoulo erklärte zu Beginn der Wanderung, warum Unterfranken mit einem so großen Artenreichtum gesegnet sei. Denn hier überschneiden sich vier Artenkreise, der zentralasiatische, skandinavische, atlantische und der mediterrane. Am Beispiel des Feldahorns zeigte der Geobotaniker, wie vor allem die Hecken von unseren Vorfahren stärker genutzt wurden. Der früher verwendete Name Krautahorn verrät, dass gerade im Frühjahr die jungen Blätter zur Vitaminversorgung hervorragend dienten. "Heute kann man dieses wie Sauerkraut hergestellte Gemüse aus Feldahornblättern wieder in hochpreisigen Gourmetlokalen in Oberfranken genießen." Hecken dienen als Erosionsschutz, sind als eine der ersten Nektarquellen eine wichtige Tracht für Insekten.
Der Trick, um möglichst viele verschiedene Bestäuber anzulocken, sei bei vielen Blütenpflanzen, dass sie unterschiedliche Zuckerarten produzieren und so unterschiedliche Spezialisten anlocken können, und dies auch noch zeitlich versetzt. Hier ist der blau blühende Natternkopf ein gutes Beispiel. 100 Schmetterlingsarten ernähren sich von dieser Pflanze.