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Viele Stunden bis zum eigenen Kellerbier


Autor: Gerd Schaar

Machtilshausen, Sonntag, 05. Februar 2017

Im Schreinersch-Haus lernten Männer ihr eigenes Kellerbier zu brauen. Die Nachfrage nach dem Seminar war so groß, dass ein zweites folgen wird.
Rühren und Schütten: Teamarbeit war angesagt beim Bierbrauen im Schreinersch-Haus in Machtilshausen. Foto: Gerd Schaar


Wasser, Malz, Hefe und Hopfen: Das sind nach dem ursprünglich Bayerischen Reinheitsgebot aus dem Jahre 1516 die Zutaten für ein deutsches Bier. Groß war das Interesse für ein Bierbrau-Seminar, das der Machtilshäuser Verein für Gartenbau, Brauchtums- und Heimatpflege zusammen mit Haus- und Hobbybrauer Michael Mihm arrangierte. Klar, als angemessener Brauort kam nur der Gewölbekeller vom historischen Machtilshausener Schreinersch-Haus (Baujahr 1485) in Frage.
Ein untergäriges Kellerbier, dunkel und unfiltriert, war das Brauziel. Untergärig deshalb, weil die Gärhefe in der kalten Jahreszeit bei acht bis zehn Grad in den Kellergewölben lieber zu Boden sinkt, als nach oben zu klettern. Doch für das Seminar wurde der Gewölberaum kräftig aufgeheizt, damit die 16 Teilnehmer während der achteinhalb Braustunden nicht froren. Zugrunde lag ein flotter Zeitplan mit festen Zeiten für das Schroten, Einmaischen, diverse Aufheizungen, genaue Rastzeiten für Eiweiß, Maltase und Verzuckerung sowie das Läutern und Abläutern, das Anschwänzen mit Nachguss und das sorgsam kontrollierte Würzen mit Hopfen.


Strammer Zeitplan

Nein, Langeweile kam bei so einem strammen Aufgaben- und Zeitplan nicht auf. Zumal Mihm in jeder freien Minute noch ausführliche Erklärungen über das Bierbrauen bot. Nur peinlich sauber eingehaltene Hygiene, genaues Abmessen der Mengen und korrektes Einhalten der Temperaturen seien Garanten für ein Bier von hoher Qualität, dozierte Mihm. Mit Eifer waren die Seminarteilnehmer dabei und unterstützten den Brauvorgang mit ihren Handreichungen.
Zeit für ein Mittagessen war nicht vorgesehen, denn die mit viel Mühe erreichten Aufheiztemperaturen während der einzelnen Brauprozesse ließen keine längeren Pausenzeiten zu. So gab es zwischendurch kleinere Häppchen. "Es macht trotzdem Spaß", wischte sich Teilnehmer Thomas Lange die Schweißperlen von seiner Stirne. Das ungewohnte Bierbrauen sei eine interessante Abwechslung zur eigenen Weinproduktion, sagte der Winzer von Schloss Saaleck. Die übrigen Teilnehmer kamen ebenfalls aus dem Landkreis, viele aus Hammelburg, manche aus Münnerstadt.


Einst Augustiner als Lehrer

Eine historische Verbindung zwischen Machtilshausen und Münnerstadt bestehe nicht nur wegen der Wallfahrt und wegen des dortigen Gymnasiums, sondern auch wegen des Bierbrauens, erklärt Ingrid Mützel, die zusammen mit Jutta Schlereth im Namen des Vereins für Gartenbau, Brauchtums- und Heimatpflege für das Seminar organisatorisch und logistisch tätig war.
"Bei den Mürschter Augustinern haben unsere Leute noch bis vor über hundert Jahren das Brauen gelernt", so Mützel. In Hammelburg habe es sogar ein städtisches Brauhaus gegeben, in dem Privatleute ihr Bier brauen konnten. Es existiere in Machtilshausen noch eine alte Kataster-Urkunde mit eingetragenem Braurecht. "Das Hausbrauen war in der Historie unserer regionalen Dörfer durchaus üblich", erklärt Mützel. "In den schlechten Weinjahren diente das Bier nämlich dort statt des Weines zum Durstlöschen, denn das normale Wasser war bakteriell stark belastet, also untrinkbar", sagt sie.


Zweites Seminar geplant

Längst haben sich die Zeiten geändert, und Trinkwasser gehört heute zum Lebensstandard. Aber: "Der Konsument von heute soll Einfluss auf sein Lebensmittelprodukt haben!", das sei laut Mützel die große Idee, die hinter dem Bierbrau-Seminar stehe. Weg von der Massenware und hin zum eigenen Produkt. Gerade der Brauprozess sei mit den natürlichen Ressourcen verbunden. Mützel meint: "Es bringt den Menschen wieder näher zur Natur". Die Nachfrage sei groß, deshalb sei heuer noch ein weiteres Seminar geplant.
Nach achteinhalb Braustunden und viel Handarbeit ist an Biergenuss aus eigener Produktion längst noch nicht zu denken. Denn erst nach etwa sechs Wochen Ruhezeit kann verkostet werden. Pro Teilnehmer ist das Ergebnis rund ein Liter Bier, also von der Menge her eine ziemlich magere Ausbeute.
"Aber es ist Selbstgemachtes mit individuellem Geschmack", betont Mihm. Ganz im neuen Welttrend des handgemachten "Craft-Bieres", das ein hochwertiges Gegenangebot zum industriellen Einheitsgeschmack bieten will. (Info: www.hausgebraut.de) Das Schreinersch-Haus von Machtilshausen ist nicht mehr wegzudenken. "In diesem Haus ist viel Leben", bezeugt Ingrid Mützel und fügt an: "Im vergangenen Jahr hatten wir wieder die Koreaner da. Auch die Kinder und Jugendlichen vom Kreisverband waren regelmäßig zu Gast. Die Wochen waren in der Saison total verplant". Einen festen Termin für das Verkosten des selbstgebrauten Kellerbieres in etwa sechs Wochen gibt es noch nicht. Während des starken Frostes seien nämlich die Kellertemperaturen enorm gesunken, was den Gärprozess sicherlich verlangsamen werde, so Mützel.