Verkehrsideen für Hammelburg
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Freitag, 16. Oktober 2015
Die Stadt möchte ein Gutachten in Auftrag geben, um die Durchgangsströme in der Innenstadt neu zu steuern. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, was über die Jahre unerfüllt blieb und wo Konflikte drohen.
Das Straßenbild Ende der 1980er Jahre ist heute nur noch schwer vorstellbar: Damals gab es keine Südumgehung als Verlängerung der Bundesstraße 287, sie befand sich gerade im Bau. Am Amtsgericht warteten die Autos an einer Kreuzung und fuhren nicht durch einen Kreisel. Und die Kissinger Straße durften Fahrzeuge in beide Richtungen passieren. So weit entfernt das erscheinen mag, so oft wirken die damaligen Probleme und Verkehrslösungen bis heute nach.
Der Stadtrat hat vor Kurzem beschlossen, ein Verkehrsgutachten in Auftrag geben zu wollen. Das neue Konzept soll helfen, die Verkehrsströme in der Innenstadt zu regulieren. Ende der 1980er Jahre stand die Stadt schon einmal vor dieser Aufgabe: Aus dem Jahr 1989 stammt die letzte große "Verkehrsuntersuchung", die in der aktuellen Debatte von Neuem Erwähnung findet.
Das Büro Retzko und Topp aus Darmstadt zählte damals an wichtigen Straßenknoten Fahrzeuge
und analysierte die Fließrichtungen. "Die südliche Ortsumgehung wird also schon eine spürbare Entlastung für die Altstadt bewirken, doch muss dieser Effekt durch weitere Maßnahmen unterstützt werden", stellte das Gutachten fest.
Einbahnstraßen als Lösung
Das Büro schlug für die Verkehrsregelung mehrere Varianten vor, die aufeinander aufbauten. "Als erste Maßnahme zur Altstadtberuhigung bietet sich eine Einbahnführung der Bahnhofstraße an." Einbahnregelungen in der Weihertorstraße und in der Kissinger Straße würden zusätzliche Beruhigungen bewirken.Doch von diesem Maßnahmenpaket blieb in der Umsetzung nur die Einbahnstraße in der Kissinger Straße. Die Einbahnrichtung in der Bahnhofstraße, für die Verkehrsplaner eine grundlegende Maßnahme, ließ sich nicht durchsetzen. Als zehn Jahre nach dem Gutachten die Regelung versuchsweise eingeführt wurde, gab es eine große Kontroverse. Die Geschäftsleute wehrten sich heftig gegen die Einbahnrichtung.
So harrt die Bahnhofstraßen einer Lösung. Die Einbahnregelung taucht bis heute in Diskussionen immer wieder auf.
Doch nicht allein die Bahnhofstraße leidet unter starkem Durchgangsverkehr. Auch die Anwohner im Kreuzungsbereich Von-Hess-Straße/ Dalbergstraße klagen. Im Sommer haben sie daher einen Brief mit Unterschriftenlisten an Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) übergeben.
Mit dem "Schleichverkehr" in den Altstadtgassen befasste sich der ADAC bereits im Jahr 2009. Der Verein für Wirtschaft und Stadtmarketing hatte sich damals an die Organisation gewandt. Der ADAC analysierte, was passieren würde, wenn die Stadt die Nebengassen für alle außer den Anliegern sperren würde. Die knappe Expertise sagte eine Zunahme des Verkehrs in der Friedhofstraße und insbesondere in der Rote-Kreuz-Straße voraus. Letztere könnte die Aufgabe einer "kleinen Nord-Ost-Umgehung" übernehmen. Zuvor müsse allerdings erst die Akzeptanz der Anwohner erfragt werden, deutete der ADAC einen möglichen Konflikt an. Denn mit jeder neuen Diskussion über den innerstädtischen Verkehr fürchten die Anlieger eine Verlagerung der Ströme in die Rote-Kreuz-Straße.
Für dieses Dilemma gibt es eine fast 20 Jahre alte, recht abenteuerlich anmutende Lösung eines Würzburger Ingenieurbüros: eine Sammelstraße über der Schienenlinie. Eine Skizze zeigt eine Fahrbahn, die von schrägen Pfeilern getragen, dem Bahngraben folgt und den Verkehr auf diese Weise nördlich an der Innenstadt vorbeiführt.
Reimar Glückler vom CBB hat jüngst an den Vorschlag erinnert. Er wollte damit deutlich machen, dass eine echte Entlastung der Altstadt ohne eine Nordumgehung nicht funktionieren werde.
Denn das vorhandene Straßennetz steckt auch für das künftige Gutachten den Rahmen ab. Bereits 1989 mussten die Experten von Retzko und Topp konstatieren, dass ein Verkehrskonzept für Hammelburg der "Quadratur des Kreises" gleicht. Ein Patentrezept zu finden sei schwierig. Damals wie heute gilt es aber, "den wirklich unnötigen Verkehr durch die Stadt auf ein verträgliches Mindestmaß zu reduzieren".