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Storch Jakob verhält sich rätselhaft


Autor: Markus Reeh

Hammelburg, Dienstag, 20. Mai 2014

Der Hammelburger Storch hat seine Partnerin in den vergangenen Tagen mehrfach heftig attackiert und aus dem Nest vertrieben. Die Gründe dafür sind auch Fachleuten unklar. Mittlerweile hat sich die Lage normalisiert.
Die Lage auf dem Mönchsturm hat sich normalisiert, das Storchenpaar kümmert sich wieder gemeinsam um die Küken.  Foto: Christian Fenn


Solche Szenen hat Christian Fenn noch nie beobachtet: "Jakob hat derart auf Adele eingestochen, dass er offenbar auch in Kauf genommen hat, sie umzubringen." Der Betreiber der Internet-Kamera (www.storchencam.de) hat die vergangenen Tage stets ein Auge auf das Storchennest gehabt und die Ereignisse auch im Tagebuch dokumentiert.

Mehrfach hat der Hammelburger Storch seine Partnerin massiv angegriffen, nicht ins Nest gelassen oder rausgeworfen, wenn sie hier in seiner Abwesenheit gelandet war, um den Nachwuchs zu füttern. Warum er das getan hat, ist nach wie vor unklar. "Wir haben bei Aufzuchtstationen angerufen und beim Storchenpark in Erfurt, aber keiner der Fachleute konnte sein Verhalten deuten", berichtete Christian Fenn.

Weil Jakob in der Folge lange Zeit allein mit den Küken war, machten sich Fenn und Jochen Willecke vom Bund Naturschutz Sorgen um die Ernährung des Nachwuchses. Sie beschlossen, mit Hilfe der Feuerwehr und ihrer Drehleiter Futter ins Nest zu bringen, einmal am Samstagmittag und ein zweites Mal am Sonntagabend. Das hielt Jakob aber nicht davon ab, am Sonntag das jüngste der fünf Küken aus dem Nest zu werfen, das in seiner Entwicklung deutlich zurückgeblieben war.

Im Laufe des Montags normalisierte sich das Verhalten des Storchenvaters aber weitgehend. "Wir vermuten, dass unser Storchenjahr sich nun normal entwickelt. Damit sind auch alle weiteren Eingriffe zurückgestellt, um die Störche nicht unnötig zu stören", schrieb Christian Fenn in sein Internet-Tagebuch.

Die Partnerin gewechselt

Schon vor einiger Zeit haben die Storchenfreunde festgestellt, dass Adele nicht die Partnerin aus dem vergangenen Jahr ist. "Durch Vermessungen sind wir dahinter gekommen. Ihr Schnabel ist zum Beispiel deutlich kürzer", erläuterte Fenn. Dass die neue Beziehung der Grund für das ungewöhnliche Verhalten von Jakob ist, glaubt er nicht: "Partnerwechsel ist bei Störchen nicht ungewöhnlich."

Was aus dem Storchenweibchen des Vorjahres geworden ist, könne nur spekuliert werden. "Einige vermuten, es könnte sich jetzt auf dem Nest in Westheim angesiedelt haben. Aber das werden wir vermutlich nicht klären können, weil das Tier ja nicht beringt ist", machte Christian Fenn deutlich.

Erfreuliche Nachrichten kommen derweil aus Scherneck im Landkreis Coburg. Dort hat sich heuer nämlich einer der in Hammelburg geborenen Jungstörche mit einer Partnerin niedergelassen. "Ich freue mich natürlich, dass er den Zug heil überstanden und sich nun in Franken angesiedelt hat", erklärte Daniel Scheffler aus Urspringen, der das Tier im Juni 2011 beringt hatte.

Wird Jakob Großvater?

Das Nest befindet sich in Scherneck auf einer Stange neben einem Wohnhaus. Ein Tierarzt hat den künstlichen Horst dort eingerichtet. "Ob das Storchenpaar Nachwuchs bekommt, ist noch unklar. Auf jeden Fall sind sie spät dran", so Sebastian Weigand, Mitarbeiter in der Geschäftsstelle des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) in Coburg. Weil ein Blick von oben nicht möglich ist, weiß niemand sicher, ob Eier im Nest liegen. Im Verhalten der Tiere deute aber einiges darauf hin, dass es ein Gelege gebe.

Hans Schönecker aus Coburg hat den Storch fotografiert. Mit seiner semiprofessionellen Ausrüstung konnte er den Ring am Bein des Tieres gut erkennbar ablichten, worauf DER AH 280 steht. So war es möglich, den Vogel als gebürtigen Hammelburger zu identifizieren.

"Die beiden Störche scheinen noch zu brüten", hat Schönecker beobachtet. Das LBV-Mitglied kümmert sich um die Horststandorte in der Stadt und im Landkreis Coburg und kontrolliert diese regelmäßig.