Stadtrat Hammelburg: Erste Konzepte fürs Kupsch-Gelände
Autor: Ralf Ruppert
Hammelburg, Dienstag, 15. Februar 2022
Im August 2018 erwarb die Stadt über ein Vorkaufsrecht die Immobilie zwischen Bahnhofstraße und Langem Graben. Nun werden Ideen für eine Mischung aus Regionaltheke, Kunstausstellung, Praxen und Wohnen gesammelt.
Bereits zum zweiten Mal in Folge traf sich der Hammelburger Stadtrat in der Erthalhalle zu einer Sitzung. Anlass war am Montag die Vorstellung von zwei Konzepten zum Kupsch-Gelände in der Bahnhofstraße. Mehrere Direktvermarkter, Mitglieder des Sanierungsbeirates und des Vereins für Werbung und Stadtmarketing sowie Bürgermeister umliegender Gemeinden hörten sich die Ideen an. "Wir lassen das Ganze mal sacken", sagte der Hammelburger Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) am Ende und rief Stadträte und Zuhörer auf, die Werbetrommel zu rühren und nach geeigneten Betreibern für ein Projekt dort zu suchen.
Dr. Hermann Kolesch, ehemaliger Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim, zeigte zunächst Beispiele aus anderen Regionen. "Der handwerklichen Herstellung von Lebensmitteln gehört die Zukunft", war er sich sicher. Zudem gehe es um die Wertschätzung für regionale Produkte: "Viele wissen gar nicht mehr, was sie da eigentlich essen", sagte Kolesch. Umso wichtiger sei eine Verbindung aus Gastrobereich und Regionalvermarktung.
Biologisch, handwerklich und saisonal
Mit Daten und Bildern stellte Kolesch unter anderem das Projekt "Pur Südtirol" vor. "Das hat alles mit einem Laden angefangen", berichtete er, mittlerweile gebe es fünf Standorte, in denen 3000 ausschließlich regionale Produkte verkauft werden. Wichtig sei die biologische, handwerkliche und saisonale Erzeugung, hinzu komme der persönliche Bezug. Auch die "Tegernsee-Arkaden", der "Südtirol-Bauernladen" oder die Markthalle "Hobenköök" in Hamburg seien gelungene Beispiele. "Man braucht keine Speisekarte mit 20 verschiedenen Schnitzelgerichten", schlug Kolesch eine einfache und authentische Küche vor.
LWG-Baufachberater Markus Rettig wurde dann konkreter: Aus seiner Sicht könne der frühere Kupsch-Markt mit überschaubarem Aufwand in drei Bereiche untergliedert werden. Zentral an der Straße schlug er eine von außen sichtbare Küche vor, die Streetfood direkt nach draußen verkauft und ein Bistro mit Weinbar im Innern versorgt. Links vom Eingang sieht das Konzept eine "Genuss-Meile" mit unterschiedlichen Angeboten vor, von Blumen über Säfte und Brot bis Fleisch. Im hinteren Bereich würde ein Kunst-Bereich das Angebot abrunden: Durch ein Öffnen des Flachdachs könnte Tageslicht in die Räume geholt werden, durch wechselnde Vorführungen könnten Kunst-Handwerker für sich werben. An der Rückseite würden die Anlieferung und der Sanitärbereich bleiben.
Kleinere Lösung plus Neubau
Ebenfalls Gedanken um das Kupsch-Gelände hat sich Stadtplaner und Architekt Bernd Müller gemacht, der Hammelburg im Rahmen des Evaluierungsprozesses der Allianz Fränkisches Saaletal besuchte. Müller betrachtete nicht nur das Erdgeschoss, sondern die gesamte Immobilie. Er schlug ebenfalls eine Mischung aus Regionaltheke, Straßenverkauf und Kunstausstellung vor, allerdings auf einer deutlich kleineren Fläche: Vorne solle das Vordach abgerissen und stattdessen offene Arkaden als Eingangsbereich gebaut werden. Zudem sieht Müller einen Abriss der hinteren Hälfte vor. Dort sollten aus seiner Sicht ebenerdig mindestens ein Dutzend Stellplätze entstehen, weil er sie für die Nutzung der Immobilie als notwendig erachte. Für die Obergeschosse zur Bahnhofstraße schlug Müller Praxis- und Wohnräume vor. Entlang des Langen Grabens schlägt der Stadtplaner einen Neubau mit Wohnungen vor, dazwischen könnte über den Stellplätzen eine Terrasse die Attraktivität des Geländes steigern. "Ich denke, dass der Weg vielleicht in der Mitte liegt", fasste Müller am Ende seinen Vorschlag und den des LWG-Baufachberaters Rettig zusammen.
In der Diskussion wurde schnell klar, dass die Ideen zwar gut ankamen, aber auch viele Fragen offen blieben. "Beide Konzepte stehen und fallen mit dem Betreiber", sagte etwa CSU-Stadtrat Patrick Bindrum. "Gebaut ist sowas schnell, aber es am Laufen zu halten, ist schwierig", stimmte Hermann Kolesch zu. Den Ausstellungsbereich müsse vermutlich die Stadt übernehmen, ergänzte Stadtplaner Müller. Beide schlugen vor, das Erdgeschoss vielleicht zunächst pachtfrei oder mit einer umsatzbezogenen Pacht zu vermieten. Wichtig sei, dass eine solche Einrichtung gut anlaufe.
Auch Verkauf an Investor möglich
"Es wird immer schwieriger, Köche, Bäcker oder Metzger zu bekommen", nannte Müller als weiteren Aspekt. Auch deshalb müsse es ein einfaches Konzept geben. Eine Chance sei auch das Sanierungsgebiet: "Für einen Investor ist es vielleicht deutlich wirtschaftlicher, so ein Projekt umzusetzen." Auf Nachfrage aus dem Gremium stellte die Verwaltung klar, dass ein Verkauf nicht ausgeschlossen sei, obwohl die Stadt die Immobilie im August 2018 durch die Ausübung eines Vorkaufsrechts erworben habe. Klargestellt müsse nur werden, dass die damals vorgebrachten Einwände gegen eine reine Wohnbebauung berücksichtigt werden. Es müsse also eine Nutzung zur Belebung der Innenstadt als Vorgabe fest verankert werden.