So bleibt der Geist fit
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Mittwoch, 16. März 2016
Siegfried Lehrl beschäftigt sich mit der menschlichen Intelligenz. Seine Forscherkarriere startete am Hammelburger Gymnasium.
Drei Schülerinnen wollen sich nach dem Vortrag noch einige Tipps für die Abiturprüfungen abholen. Sie treten zu Siegfried Lehrl an den Tisch heran und fragen, wie sie die mehrstündige Prüfungssituation am besten bestehen können. Als Mitentwickler des Gehirnjoggings weiß Lehrl, welche Faktoren die geistige Fitness beeinflussen. Er hat viele Jahre über menschliche Intelligenz geforscht. Sein beruflicher Weg startete wie bei den drei Schülerinnen am Hammelburger Gymnasium.
"Hammelburg war immer Heimat für mich", sagt Lehrl. Der Großvater war 1936 aus Jena nach Hammelburg gezogen, um die Leitung des Finanzamts zu übernehmen. Mittlerweile hat Lehrl auch eine Erklärung für sein Heimatgefühl gefunden: "Das Gymnasium hat sehr viel für uns gebracht." Mit "uns" meint Lehrl seinen Bruder und sich.
Die zwei Brüder legten in Hammelburg ihr Abitur ab, Lehrl 1962, sein Bruder 1965.
Den heutigen Schulkomplex gab es da noch gar nicht. Das Progymnasium befand sich im Gebäude der - heute ehemaligen - Volksschule. Die Volksschulkinder saßen unten, die Abiturienten ein Stockwerk darüber, wie Lehrl erklärt.
Er studierte nach dem Abitur zunächst Bauingenieurwesen in Aachen. "Das Hammelburger Gymnasium hat mir dafür viel mitgegeben." Allerdings sattelte Lehrl auf Psychologie um. Lehrl begründet das: "Psychologie hat mich schon in der Schulzeit interessiert." Die meiste Zeit seines Berufslebens lehrte und forschte Lehrl dann an der Universität Erlangen.
Er befasste sich mit Messung und Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit, entwickelte einen Kurz-Intelligenztest und eigene Intelligenzkonzepte.
Auch in seinem Ruhestand arbeitet der 72-Jährige noch weiter an seinem Lebensthema.
Eine der Empfehlungen für die drei Schülerinnen lautet: Genug trinken, schon die ganze Zeit vor der Prüfung. Geistige Fitness lässt sich beeinflussen, ist das Fazit Lehrls langjähriger Forschung. Vor dem Gespräch mit den Schülerinnen hat er in einem Vortrag, zu dem ihn die Freunde des Frobenius-Gymnasiums eingeladen hatten, erläutert, worauf jeder achten sollte.
Ein kurzer "Übelbirck" - nein, natürlich heißt es Überblick. Mit absichtlich gesetzten Buchstabendrehern, weckt Lehrl während seines Referats immer wieder die Aufmerksamkeit der Zuhörer.
"Wenn man nach hinten gelehnt ist, hört man auf zu denken." Komplexe Gedankengänge seien nicht mehr möglich.
Einfache Aufgaben aber helfen den eigenen Arbeitsspeicher hochzufahren, was einige Minuten braucht und nicht von jetzt auf gleich geht, wie Lehrl sagt. So lässt er das Publikum zum Beispiel aus Ziffernreihen bestimmte Zahlen heraussuchen.
Doch es gibt auch körperliche Einflussgrößen, die einen Menschen "mantel" - nein - mental fit halten. "Geistige Maßnahmen werden oft überschätzt", berichtet Lehrl. Er schätzt den Anteil "körperlicher Maßnahmen" an der geistigen Leistungsfähigkeit auf zwei Drittel.
So fördert helles Licht - am besten mit blauen Farbanteilen - laut Lehrl die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit. Bewegung ist wichtig. Lehrl führt aus: "Denken hängt stark mit dem Herz-Kreislaufsystem zusammen." Auch wer seinen Gleichgewichtssinn trainiert, stärkt seine geistige Fitness. Auf Lehrls Liste stehen außerdem guter Schlaf, eine abwechslungsreiche Ernährung - und ausreichend trinken.