Silvesterblasen in Untererthal
Autor: Gerd Schaar
Untererthal, Sonntag, 01. Januar 2017
Das Silvesterblasen in Untererthal ist ein jahrzehntelanger Brauch. Bei jedem Wetter ziehen die Musikanten durch den Ort.
Mit Blasmusik kommen die Untererthaler immer ins neue Jahr. Rund 30 Musikanten aus dem Ort spielten auch diesmal wieder am Silvestertag nach altem Brauch auf. Gegen die Kälte gab es einen Schluck Heißgetränke in den über zwei Dutzend Höfen, an denen die Kapelle Station machte. Das ist Tradition.
Bei Minusgraden frierten nicht nur die Musikanten. Auch die Ventile der Blechblasinstrumente sind gegen extreme Kälte empfindlich. Nach dem Spielen von Märschen, Walzern oder Polkas litten die abgestellten Instrumente unter dem Tiefkühleffekt.
Gegen das Einfrieren ihrer Musikinstrumente hatten sich die Untererthaler Musikanten diesmal etwas einfallen lassen: eine mobile Heizung mit mittels einer Gasflasche betrieben wurde. Nach dem Spiel wurden die Tubas und Hörner einfach vor dem Heizstrahler auf den Gehwegen abgestellt. Die Mundstücke der Blechblasinstrumente landeten in den Innentaschen der warmen Jacken.
Derweil wärmten sich die Musikanten an verschiedenen Stationen in den Dorfstraßen gern selbst mit Getränken auf. Die kulinarische Stärkung unterwegs war willkommen. "Ohne die freundliche Bewirtung durch die Anwohner könnten wir das Silvesterblasen vergessen", sagte Flügelhornist Harry.
Erst spielen, dann feiern
Die Musik startete um 11 Uhr am Feuerwehrhaus. Die Kapelle steuerte zunächst die Judengasse an. Gespielt wurde laut Liste zumeist an den gleichen Stellen im Altdorf und in der Siedlung wie in den Vorjahren.Über zwei Dutzend Stationen waren eingeplant. Die Blaskapelle hielt bis 19 Uhr durch. Das Mittagessen fiel flach. Erst am Abend gab es eine kräftige Mahlzeit im Gewölbekeller der Dorfwirtschaft "Goldenes Kreuz". Danach durften auch die Untererthaler Musikanten den Jahreswechsel feiern.
Warum tun sie sich das an? Vor allem die Jüngeren, die in erfreulicher Anzahl in der Kapelle vertreten sind, schienen großen Gefallen am Silvesterblasen zu haben. Zumindest Gast-Percussionist Von Nuico, der aus den Philippinen anreiste, hätte sich das Frieren sparen können. "Daheim sind es jetzt 30 Grad im Schatten", meinte er. "Für mich sind der Spaß an der Musik und die Gemeinsamkeit ausschlaggebend", erklärte Klarinettistin Franziska Kuchenbrod. Da sei die Temperatur Nebensache.
Das Angebot der Höfe war reichlich. Glühwein, Punsch mit und ohne Alkohol, Tees verschiedener Sorten sowie Herzhaftes und selbst gebackene süße Leckereien lockten die Musikanten in die Höfe. Mitunter wurde ein Tablett mit bunten Likören gereicht. In der Regel tun sich einige Nachbarn zusammen, um die kostenfreie Bewirtung einer Station auf die Beine zu stellen. So zum Beispiel die Familien Meder, Schneider und Tiedemann am Flachsacker. "Dieses Ereignis hält aktuelle und ehemalige Nachbarn zusammen", wies Anwohner Roland Wüscher auf den Geist einer stabilen Untererthaler Dorfgemeinschaft hin.
"Das Silvesterblasen ist ein Stück Untererthal", hieß Anwohner Artur Pfeuffer zusammen mit seinen Nachbarn die Musikanten in der Fuhrmannsgasse willkommen. "Da freue ich mich jedes Jahr wieder drauf", schätzte er den alten Brauch hoch ein. Dirigent Helmut Schäfer (Baritonhorn) hatte seinen Taktstock beim Silvesterblasen diesmal an den Vorsitzenden Tobias Popp (Klarinette) vorübergehend abgegeben, weil der Bassanteil der Kapelle seine Verstärkung brauchte.
"Wir hatten schon sehr viel schlechteres Wetter. Noch schlimmer als der Frost wäre heftiger Dauerregen", sagte Popp. Er freue sich, wenn die Sanierungsarbeiten an der alten Schule beendet sind. "Ich rechne im Frühjahr damit", sagte Popp. Die ansässigen Vereine würden sich mit ihren Eigenleistungen in hohem Maß einbringen. Die Untererthaler Musikanten sind bald beim Neujahrsempfang der Stadt Hammelburg in der Erthal-Halle zu hören.