Poesie auf der Trimburg
Autor: Winfried Ehling
Trimberg, Donnerstag, 15. August 2019
Die "Nacht der Poesie" nimmt eine Sonderstellung unter den Veranstaltungen auf der Trimburg ein. Hier verbindet sich Lyrik mit abendlichem Zauber.
Vor einem Dutzend Jahren mit dem Schauspieler und Rezitator Rudolf Herget begründet, erfreut sich die "Nacht der Poesie" immer noch großen Zuspruchs bei Liebhabern von Poesie, Prosa und Philosophie. Das Erbe des verstorbenen "Erzählers der Nacht" übernehmen seit fünf Jahren die Schauspieler der Disharmonie Schweinfurt, Christine Hadulla und Peter Hub.
Was ist das für ein seltsames Völkchen, das bei Sonnenuntergang mit Gartenklappstühlen, Decken, Schlafsäcken und sogar einem Teppich dem Burggraben der Trimburg zustrebt? Sie sitzen und liegen im Gras, ein Glas Wein oder ein Bier mit einer Brezen neben sich. "Ich mag die Gedichte, die Zitate, das Lyrische und Besinnliche in dieser Atmosphäre", erklärt eine Zuhörerin aus dem Landkreis. Das trifft die Meinung der meisten Zuhörer. Dazu spendet die Abendsonne ihre letzten Strahlen.
Hadulla und Hub drücken der Augustnacht ihren eigenen Stempel auf. Im Gegensatz zu Herget, der sich an klassische Literatur hielt, lockern die beiden Schweinfurter das Repertoire mit humorigen und lustigen Versen auf, zum Beispiel von Wilhelm Busch oder Joachim Ringelnatz, mit Fabeln und mit Geschichten über Liebe und Beziehungen und natürlich über die Sterne am Firmament. Wer Glück hat, erblickt dabei sogar eine verspätete Sternschnuppe aus den Perseiden.
Der stellvertretende Vorsitzende der "Freunde der Trimburg", Matthias Schiebl, begrüßt die rund 250 Besucher. Sein Dank gilt den Helfern im Vorfeld und besonders den Rezitatoren, die die Tradition der "Nacht der Poesie" am Leben halten.
Schiebl rät zum Genießen und Lauschen - auch in sich selbst hinein. Vor einem Jahrtausend, als die Trimburg erbaut war, mögen es wohl Minnesänger oder Botschafter gewesen sein, die hier ihre Zuhöre fanden, vermutet er.
In den gefühlvollen Liebesgedichten der Vortragenden schimmert gelegentlich der Spott aus Lebensweisheiten und Erfahrungen durch. Ein Beispiel ist das Gedicht "Komm, wir gehen Sterne pflücken" von Miriam Frances, das die gleichzeitige Liebesbeziehung zu mehreren Partnern herausstellt - mit Wissen und Akzeptanz aller. "Komm, wir gehen Sterne pflücken, schnell, bevor der Tag erwacht, balancieren auf dem Rücken dreier Worte durch die Nacht."
Zwei Singulare sind eben noch kein Plural, wie sich Hadulla sicher ist. Alle Frauen auf den Mond zu schießen und alle Männer auf den Mars und jedem ein Fernglas in die Hand zu drücken, sagt Hadulla, dürfte allerdings auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.