Druckartikel: Personalausweis für Jungstörche

Personalausweis für Jungstörche


Autor: Winfried Ehling

Westheim bei Bad Kissingen, Montag, 15. Juni 2015

Daniel Scheffler und Jochen Willecke waren mit dem Förderkorb der Feuerwehr zu Besuch am Storchennest auf dem Westheimer Kindergarten. Die vier Storchenküken, die die beiden fanden, sind jetzt beringt und registriert.
Jochen Willecke (links) und Daniel Scheffler (rechts) decken die Jungstörche zur Beringung vorsichtig mit einer Decke ab. Foto: Winfried Ehling


Das Rätsel um die jungen Störche im Nest auf dem Kindergarten St. Peter und Paul ist gelöst. Vier junge Federknäuel kauerten im Horst, als Jochen Willecke vom Bund Naturschutz und der Beringungsbeauftragte des Landesbundes für Vogelschutz, Daniel Scheffler, mit der Rettungsplattform der Hammelburger Feuerwehrleiter über dem Dach schwebten.

"Sie sehen sehr gut aus, haben ein trockenes Nest mit viel Stroh darin, das dem Aspergillus-Pilz vorbeugt", berichtete Willecke nach seiner Luftreise. Der Aspergillus kann tödlich sein für die kleinen Tiere. Hat sich erst einmal ein Geflecht aus dem Schimmelpilz im Nest gebildet, haben sie fast keine Überlebenschance mehr.

Störche sind ein wenig anders

Willecke räumt auch gleich ein falsches Bild aus. Jungstörche können im Gegensatz zu Jungen anderer Vogelarten - in der Regel - auch einmal aus dem Nest genommen und nach zwei Tagen zurückgebracht werden. Die Elterntiere verstoßen sie deshalb nicht, sondern nehmen sie wieder auf. Weniger schön ist, was er sonst noch im Nest fand und entfernte - Kunststoffabfälle, die die Eltern mit in den Horst gebracht haben.

Der Altvogel haute erst mal ab

Natürlich herrschte die helle Aufregung im Nest, als der Förderkorb langsam auf das Nest zukam. Gefahr witternd, stob der Altvogel - der andere war wohl auf Futtersuche - erst einmal davon. Die Jungen stellen sich in diesem Alter tot. Sie sind noch nicht flügge und können sich erst verteidigen, wenn sie etwas älter sind. Daniel Scheffler legte vorsichtig eine Decke über die noch Unbeholfenen und befestigte die Ringe an den kleinen Storchenbeinen. Er ist zuständig für die Beringung alle Greifvogelarten in der Region, wie Weiß- und Schwarzstorch, Eule und Birkhuhn. Scheffler erklärte, warum diese Markierung so wichtig ist: "Sie gibt Auskunft über das Alter, die Gesundheit und alle weiteren wichtigen Daten der Vögel und trägt die Internetadresse der Vogelwarte Radolfzell, die zuständig ist für die süddeutschen Störche."

Täglich 800 Gramm Futter

Als der Förderkorb wieder aufsetzte, war die vermeintliche Gefahr auch für den Altstorch wieder beseitigt. Er segelte sofort herbei, um sein Jungvolk zu inspizieren - und fand sie alle wohlbehalten im Nest. Vermutlich gab es auf den Schrecken schon bald eine Belohnung in Form eines schmackhaften Bissens. Dafür muss das Elternpaar hart schuften, wenn man bedenkt, dass ein Jungvogel 800 Gramm Futter täglich braucht. Um die vier hungrigen Schnäbel zu stopfen, bedarf es also rund 3,4 Kilogramm am Tage.

Ortssprecherin Gaby Ebert dankte Scheffler und Willecke für die Behandlung und die Information. Auch sie bat um schonenden Umgang mit den Gefiederten und um Vermeidung von Abfall und Unrat in der Natur, um die Störche vor Schaden zu bewahren. Dies war auch der Sinn der Pfropfen, die Willecke auf die Blitzablei ter-Spitzen des Kindergartens steckte, damit sich die Störche nicht verletzen.