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Nun sind die Störche wohl doch weg


Autor: Markus Reeh

Hammelburg, Freitag, 10. Oktober 2014

Die Störche aus Hammelburg und Westheim haben vermutlich das schöne Wetter am Montag genutzt, um in Richtung Süden zu fliegen. Die Naturschützer hatten sich eigentlich schon auf die erste Überwinterung der Tiere eingestellt.
Früh waren die Hammelburger Störche heuer in ihrem Nest, spät flogen sie wieder Richtung Süden. BN-Storchenexperte Jochen Willecke geht davon aus, dass die Vögel ihr Winterquartier in Frankreich beziehen werden.  Foto: Christian Fenn


Vor zehn Tagen gingen alle noch davon aus, dass die Störche in Hammelburg bleiben. Jetzt kam es doch anders. "Jakob und Adele haben heute kurz nach 7.30 Uhr das Nest verlassen und sind seither auch dort nicht mehr gesehen worden. Auch die kontinuierlichen Aufzeichnungen zeigen keine Anzeichen für einen weiteren Besuch im Nest", schrieb Christian Fenn am Montag auf seiner Internetseite (www.storchencam.de). Und aus Westheim berichtete Wolfgang Schwarz, dass er die Störche, die sich hier heuer niedergelassen hatten, auch schon seit einigen Tagen nicht mehr gesehen habe.

"Vermutlich Teilzieher"

Jochen Willecke, Storchenexperte vom Bund Naturschutz (BN), erklärt: "Offensichtlich hat der Zugtrieb bei ihnen doch noch eingesetzt. Und von der Thermik her ging es bei dem schönen Wetter zumindest am Montag noch." Eine sehr weite Reise werden sie nach seiner Einschätzung aber nicht angetreten haben.
Bei den heimischen Störchen handele es sich vermutlich um so genannte "Teilzieher". Das sind Zugvögel, bei denen die Population im Winter teilweise am Vogelzug teilnimmt und in den Süden zieht, teilweise jedoch im Brutgebiet verbleibt oder nur unwesentlich ihre Heimat wechselt.
"In diesem Jahr waren unsere Störche eigentlich vier Wochen zu früh da und sind vier Wochen zu spät abgeflogen", sieht Willecke ein wichtiges Indiz für eine kürzere Strecke bis zum Winterquartier. Wahrscheinlich führe ihre Reise heuer nur noch bis ins Elsass oder allenfalls nach Südfrankreich. Um bis nach Spanien oder gar Afrika zu gelangen, sei es zu spät.
"Im Elsass haben sie den Storch in ihrem Wappen, und es gibt viele extra für die Vögel eingerichtete Futterplätze und Nester", weiß Willecke. Die Wiederansiedlung der Tiere, die hier fast ausgestorben waren, werde vor allem auch aus touristischen Gründen betrieben.
Er sei gespannt, ob es in der nächsten Zeit Rückmeldungen von Naturschützern gebe, welche den Code auf den Ringen an den Beinen der Störche ablesen, wenn diese irgendwo Station machen. So könne ihr Weg Richtung Süden nachvollzogen werden. "Diese Meldungen gehen bei der Vogelwarte in Radolfzell am Bodensee ein, die für den süddeutschen Raum zuständig ist", erläutert Willecke.

Jakob bei Lyon gesehen

Christian Fenn hat sich die vollständige Liste von Jakobs gemeldeten Ringablesungen einmal angeschaut. Demnach gab es nur Beobachtungen aus Hammelburg, Frankreich und Spanien. Dass es aus Afrika keine Meldungen gebe, liege nahe. Die Ablesungen in Spanien und Frankreich könnten aber auch während der Durchreise erfolgt sein.
Interessant sei jedoch eine Meldung vom 17. September 2011, als Jakob in Frankreich in der Nähe von Lyon gesehen wurde. Weil er in jenem Jahr Hammelburg bereits am 30. August verlassen hatte, hätte er den französischen Ort am 17. September eigentlich schon längst passiert haben müssen.
Diese Beobachtung stütze die These, dass Jakob im Winter statt nach Afrika höchstens bis Spanien ziehen könnte. "Ob nun Spanien sein Ziel ist oder ob sie einfach nur durch die Gegend fliegen, wird möglicherweise die nächste Ablesung des Rings verraten. Es bleibt wie immer spannend, die Kameras lasse ich noch laufen", schloss Christian Fenn seine Eintragungen am 7. Oktober.
Die Besucher der Internetseite tragen den vermutlichen Abschied mit Fassung. So schrieb eine Storchenfreundin ins Gästebuch: "Wäre schon schade, aber wenn ich so die Langfristprognose des Winters anschaue, dann wird mit viel Schnee gerechnet in diesem Winter. Da wärs vielleicht doch eng geworden mit dem Futter."