Nachfahren jüdischer Familie besuchen Hammelburg
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Donnerstag, 14. August 2014
Charlotte Isler, geborene Nussbaum, war Anfang der 1930er Jahre das letzte Mal in Hammelburg. Nach all der Zeit besucht sie die Heimatstadt ihrer Großeltern wieder.
Den Marktplatz hat sie gleich wiedererkannt - auch nach mehr als 80 Jahren. So lange war Charlotte Isler nicht mehr in Hammelburg. "Es ist ewig her", sagt sie. Doch nun besucht sie mit einem ihrer beiden Söhne die Heimatstadt ihrer jüdischen Vorfahren.
Adolf und Clara Nussbaum waren Charlotte Islers Großeltern. Adolf Nussbaum gründete im Jahr 1874 eine Eisenwarenhandlung am Marktplatz, im heutigen Gebäude der Bank Schilling. Außerdem hatte er die Agentur der Hannoverschen Lebens- und Versicherungsanstalt übertragen bekommen. Etliche Jahre später zog die Eisenwarenhandlung in die Bahnhofstraße um.
Adolf und Clara Nussbaum hatten zwei Söhne: Martell führte das Geschäft bis 1936 weiter, dann musste die Familie ihren Besitz verkaufen. Manfred, Charlotte Islers Vater, war Kapellmeister in Würzburg. Er zog nach Stuttgart, wo Charlotte Isler geboren wurde.
1939 floh die Familie vor den Nationalsozialisten nach New York. Dort, in einem Vorort von New York, lebt Charlotte Isler bis heute. Sie war schon öfters in Deutschland, vor allem in Stuttgart, aber seit ihrer Kindheit nicht mehr in Hammelburg. In den Ferien hatte sie damals einige Male ihre Verwandten besucht.
"In der Bahnhofstraße hat sich alles verändert", erklärt Charlotte Isler bei einem Stadtrundgang. Denn heute nimmt dort, wo einst die Eisenwarenhandlung war, der Neubau mit Weltladen und Sparkasse den Platz in der Häuserzeile ein. "Es gab einen großen Garten und einen großen Hof", sagt die 89-Jährige. Sie erinnert sich, wie sie als Kind bei einem ihrer Besuche in Hammelburg vom Fenster aus einen Zirkus auf dem Marktplatz beobachtete.