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Mönchsturm Hammelburg: Live-Bilder aus dem Storchennest


Autor: Ralf Ruppert

Hammelburg, Montag, 12. April 2021

Christian Fenn und zahlreiche Helfer haben Stück für Stück die erste Kamera aus dem Dach des Mönchsturms geschoben. Seit 1. April hat ein neues Paar das Nest eingenommen, auch aktuell gibt es immer noch Kämpfe um den Platz.
Diesen Blick aufs Hammelburger Storchennest können Internet-Nutzer rund um die Uhr miterleben.


Hammelburg hat eine neue Attraktion: Wer möchte, kann von überall auf der Welt aus 24 Stunden am Tag live beobachten, was die Störche auf dem Mönchsturm den lieben langen Tag machen. Auf www.storchencam.de war gestern zum Beispiel zu beobachten, wie der Wind die Federn der Störche ordentlich durchpustet. Möglich macht das die erste von zwei Kameras, die 3. Bürgermeister Christian Fenn (Junge Liste) mit etlichen Helfern installiert hat.

Die Resonanz auf die Live-Bilder und die neu gestaltete Homepage sind überwiegend positiv: "Danke für das wunderschöne Foto", kommentierte etwa ein Nutzer am Sonntag eine Aufnahme. Es habe auch vereinzelt kritische Nachfragen gegeben, aber: "Wir haben uns wirklich um jedes Detail Gedanken gemacht", beruhigt Fenn alle Zweifler.

Herkunft unbekannt

Besonders merkwürdig findet Fenn, dass Nachfragen von Menschen kämen, die überhaupt keine Ahnung von Störchen hätten, während er sich seit vielen Jahren intensiv mit den Tieren beschäftigt. Kaum jemand habe zum Beispiel bemerkt, dass die Bewohner auf dem Mönchsturm nicht mehr die von Mitte März sind: Damals hatten sich ein beringtes Weibchen und ein unberingtes Männchen niedergelassen, seit 1. April seien zwei neue, unberingte Tiere im Nest, berichtet Fenn. Deshalb gebe es keinerlei Hinweise, woher die Neu-Hammelburger stammen: "Wir können über die Störche gar nichts sagen."

Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass es noch einmal einen Wechsel gibt: Erst am Sonntag habe ein durchziehendes Paar den Störchen den Nistplatz streitig gemacht. Außerdem sei auch ein leeres Nest kein Anlass zur Sorge: "Heute waren sie zwei Stunden nicht im Nest", berichtete Fenn am Sonntag. Wenn es warm genug sei, würden Störche sogar die ersten gelegten Eier mal verlassen.

Übliche Einflugschneise beachtet

"Wir schauen ja jedes Jahr zu", erzählt Fenn und versichert, dass er nichts tun würde, was die Störche stören würde. Deshalb wurde auch die neue Kamera Stück für Stück nach oben geschoben: Los ging es am Donnerstagmorgen mit einem Loch im Dach. Weil die Störche den Mönchsturm in den vergangenen Jahren meist von Norden und Südosten anflogen, nutzten die Mitarbeiter des Bauhofs eine Stelle mit losen Ziegel im Westen als Loch für die Stange.

Stück für Stück ging es dann in die Höhe: 80 Zentimeter in drei Tagen und immer nur, wenn die Störche das Nest verlassen hatten. Die Tiere hätten sich also immer an die neue Position gewöhnen können und es habe auch keine Auffälligkeiten an ihrem Verhalten gegeben. "Aus ihrer Sicht ist die Kamera nichts anderes als ein Fahnenmast, eine Antenne, ein Schornstein oder sogar ein Ast", betont Fenn. Das zeige sich auch daran, dass sich die Störche am Sonntag mehrfach auf das rund 34 Zentimeter lange und zehn Zentimeter breite Blech über der Kamera stellten. "Natürlich haben wir alle Ecken abgerundet", verweist Fenn auch in diesem Zusammenhang auf Vorsichtsmaßnahmen.

Die erste Kamera sei bereits in der Endposition. Knapp über dem Nestrand gewährt sie zwar gute Einblicke, allerdings seien keine Eier zu sehen. Fenn geht jedoch von einem Gelege im Nest aus, weil die Störche bereits Bewegungen wie beim Eierwenden machen. Die ersten Eier würden nur vor Frost geschützt. Mit dem eigentlichen Brüten würden die Störche erst beginnen, wenn das Gelege vollständig sei, damit die Jungen etwa gleichzeitig schlüpfen.

Finanziert hat die gesamte Ausrüstung mit Kamera, Laptop und Funk-Verbindung vorerst Christian Fenn selbst. Rund 1500 Euro habe er bisher bezahlt. Mehrere Storchen-Fans hätten finanzielle Unterstützung angeboten, auch die Stadt, in deren Eigentum die gesamte Technik übergeht, beteilige sich. Zudem gab es viele Helfer: Die Stadtverwaltung habe bei der Planung unterstützt, Mitarbeiter aus dem Bauhof schweißten die Stange und machten sich Gedanken, wie die Kamera möglichst schwingungsarm montiert werden kann.

Einen kleinen Nachteil hat der ganz nahe Blickwinkel: Storchen-Fans können nicht mehr so genau mitverfolgen, wie schnell die Störche wachsen. Bei der Beobachtung vom 120 Meter entfernten Kirchturm aus sei es egal gewesen, wo die Störche stehen, jetzt seien die Störche nur halb so groß im Bild, wenn sie vom vorderen zum hinteren Rand des Nestes wechseln. Insgesamt gebe es für den Live-Einblick ins Nest aber viel Lob.

Vorerst gibt es auf www.storchencam.de nur einen Live-Stream, für eine zweite Perspektive müssten noch technische Fragen geklärt werden, berichtet Fenn. Für den Herbst sei dann geplant, dass die Kameras nicht an einer Stange, sondern direkt am Nest montiert werden.