Druckartikel: Ministranten-Erinnerungen an Pfarrer Oskar Röll

Ministranten-Erinnerungen an Pfarrer Oskar Röll


Autor: Arkadius Guzy

Hammelburg, Donnerstag, 16. Februar 2017

Keine Persönlichkeit hat die ältere Generation in Hammelburg so geprägt wie Pfarrer Oskar Röll. Frühere Ministranten erinnern sich.
Moderator Ernst Stross im Gespräch mit Franz-Josef Schneider und Anton Köhler. Foto: Arkadius Guzy


Moderator Ernst Stross testet zu seinem Spaß die Textsicherheit des Publikums. "Dominus vobiscum", ruft er in die Runde. "Et cum spiritu tuo", schallt es entgegen. Das Kirchenlatein sitzt bei den Zuhörern. Viele von ihnen haben es in ihrer Kindheit als Ministranten halbwegs mitsprechen müssen. Doch das war nicht der einzige Unterschied zum heutigen Ministrantendienst, wie Anton Köhler (Jahrgang 1949) und Franz-Josef Schneider (Jahrgang 1951) bei "erlebt und erzählt" zu berichten wissen.

Beide leisteten ihren Altardienst unter Pfarrer Oskar Röll. Röll war 36 Jahr lang, von 1948 bis 1984, Priester in der Stadt. Eine lange Zeit, in der ihn viele kennenlernen konnten. So verwundert es nicht, dass an diesem Erzählabend das Publikum die Stadtbibliothek bis auf den letzten Sitzplatz füllt.

Röll gilt in den Erinnerungen als Respektsperson, gar als "Übervater", der aber dennoch einen Draht zu seinen Jungs hatte. Der Priester faszinierte die Kinder mit seinen Kriegserlebnissen. "Fast jede Religionsstunde endete damit", sagt Köhler. Röll habe dabei vieles gut verbrämt.


Pflicht und Freizeit

Die Erfahrungen als Militärgeistlicher schlugen auch bei anderen Gelegenheiten durch: Bei den Ferienausfahrten setzte Röll einen Ministranten vom Dienst ein, so wie es beim Militär den Unteroffizier vom Dienst gibt. Dieser Ministrant rief mit einer Trillerpfeife zum Beispiel zum Küchendienst, weiß Schneider zu berichten.

Die regelmäßigen Ferienfreizeiten in Tirol bilden sowieso bleibende Erinnerungen. Für manchen waren die Ferienlager der Grund, sich überhaupt als Ministrant zu melden, wie Reimar Glückler aus dem Publikum einwirft. Es sei die einzige Möglichkeit gewesen, in den Ferien wegfahren zu können.

Für seine Ministranten organisierte Röll auch immer eine Osternestsuche am Heroldsberg. Er verschickte dafür sogar extra Einladungen, in denen er für den Dienst dankte und mit "Der Osterhase" unterzeichnete. Die Sucherei, die Freizeiten, sowie verschiedene kirchliche Veranstaltungen wie das Dreikönigssingen dokumetieren einige Super-8-Filmaufnahmen, die überdauert haben. Köhler erklärt: "Röll war ein leidenschaftlicher Filmer."

Die damalige Zeit als Ministrant unterschied sich im Vergleich zu heute nicht nur darin, dass es jeden Tag um 7 Uhr einen Gottesdienst gab. "Die Ministranten mussten damals mehr können. Es gab mehr Riten als heute", erklärt Schneider. So sprach der Pfarrer nach dem Einzug in die Kirche vor dem Altar im Wechsel mit den Ministranten das Stufengebet. Natürlich in Latein.

Ob er immer gewusst habe, was da gesagt werde? "Nein", antwortet Köhler auf die Frage des Moderators. "Ob unser ganzes Gemurmel immer richtig war, bezweifle ich." Ein Punktesystem - Pluspunkte für erfüllte Gottesdienstpflichten, Minuspunkte für ausgelassene Dienste - bewertete die Leistung der Ministranten.

Als Auszeichnung winkten Orden: Heiligenplaketten aus Wallfahrtsorten mit Stoffbändern dran. Dazu Ministrantenkalender - und wie Schneider und andere aus der Schar ehemaliger Messdiener nicht vergessen haben: zusätzlich ein Stück Seife.