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Mächtiger Fürstabt liebte Wein


Autor: Gerd Schaar

Hammelburg, Montag, 11. Sept. 2017

Stephan Merz führte durch den Winzerkeller des Kellereischlosses und startete seine Tour bei den beeindruckenden hohen Holzweinfässern.
Stephan Merz begann seine Führung in jenem Teil des Winzerkellers, der durch die hohen alten Holzfässer die eindrucksvolle Optik besitzt. Foto: Gerd Schaar


Die Präsentation von Macht und Denkmal kommt beim Roten Schloss in Hammelburg besonders augenfällig zum Vorschein. Gezielt waren manche Besucher angereist, um an den Führungen von Stephan Merz teilzunehmen. Er ist Mitarbeiter der Genossenschaft Winzergemeinschaft Franken (GWF).
Als Sommer-Residenz ließ der Fürstabt Adolf von Dalberg aus Fulda in den Jahren 1726 bis 1731 dieses herrliche Schloss erbauen. Es diente ihm schon damals als riesiges Weinlager, weshalb das Gebäude auch Kellereischloss genannt wird. Das Kellergewölbe erstreckt sich als riesiges U unter dem Gebäude und dient immer noch als Weinlager und Winzerkeller für die GWF. Im Gebäude gibt es außerdem den Sitzungssaal des Hammelburger Rathauses, die Stadtbücherei, die Tourismus-Information, ein Notariat, eine Arztpraxis und die Polizei-Inspektion.


Eindrucksvolle Optik

Klar, dass Merz seine Führung in jenem Teil des Winzerkellers begann, der durch die hohen alten Holzfässer eine recht eindrucksvolle Optik besitzt. Brennende Kerzen unterstützten dieses historische Ambiente, und die Besucher fühlten einen Hauch vergangener Jahrhunderte. Der Machteinfluss früherer Fürstäbte ließ sich in dieser Atmosphäre erahnen. "Vor rund 300 Jahren waren die Hammelburger arme Leute, die auf den Weinbergen schufteten", sagte Merz. Da habe es in der Stadt längst noch keine Kanalisation gegeben. Auch sei der Wein damals nicht so edel wie der heutige gewesen. Trotzdem wurde der Rebensaft regelmäßig zum Kirchensitz des Fürstabtes nach Fulda abtransportiert.
Nur Einheimische bemerkten jetzt, dass es im Lounge-Bereich eine neue Einrichtung samt Theke gibt. Regelmäßig werde es dort auch Ausstellungen heimischer Künstler geben, sagte Merz. Derzeit sind Exponate von Maria Rinecker zu sehen. In der beginnenden Adventszeit werde auch der gegenüber liegende Bocksbeutelkeller für weitere Kunstausstellungen genutzt.


Edelstahl statt Holz

Mächtig im Vergleich zur früheren Holzfasslagerung gehe es bei den Füllmengen mit der modernen Weinlagerung zu, erklärte Merz. Statt in Holzfässern werde heutzutage der Wein in Edelstahltanks gelagert. "Da verdunstet nichts, und die Tanks sind lange nutzbar", sagte er. Sehr viel teurer als in Edelstahl sei nämlich die Lagerung in Barrique-Holzfässern.
Unter den Weinsorten, hauptsächlich von den Muschelkalkhängen um Hammelburg in den Lagen Heroldsberg, Trautlestal und Burg, behaupte sich der fränkische Silvaner immer noch vor Müller-Thurgau an der Spitze. Rotweine seien mittlerweile im Vormarsch. Merz ging auch auf die Gründung der Winzergemeinschaft ein.
"Ich freue mich, dass ich heute in Ecken schauen kann, zu denen ich sonst keinen Zugang habe", meinte ein Besucher aus Garitz. Gern warf er einen Blick in den alten Brunnen, dessen Zugang das Jahr über verschlossen ist. Nicht vergeblich reiste eine Familie aus Arnstein an: "Wir haben uns das Rote Schloss ganz bewusst ausgesucht und freuen uns auf diese Führung".
Erstaunen erweckte Merz mit seiner Schilderung über die drei historischen Fluchtausgänge aus dem Kellergewölbe, die in die Richtungen Rathaus, Stadtkirche und Saale geführt haben sollen und längst zugemauert seien. Auch eine direkte Zufahrt für Fuhrwerke mit der Traubenernte in den Winzerkeller soll es früher gegeben haben.