Leidenschaft im Rathaus unterm Hammer
Autor: Gerd Schaar
Hammelburg, Sonntag, 06. März 2016
Es war ein schon außergewöhnlicher Termin, ein Versteigerungstermin im Rathaus.
Die Gemeinde Warmannsroth versteigerte Sammlungen aus dem Besitz eines säumigen Bürgers. 60 Bieter kamen, auch von Außerhalb. Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten. Und das im Rathaus. In Wartmannsroth. Am Samstag. Im Sitzungssaal. Eine Versteigerung. Das war mal was Anderes, als trockene Lokalpolitik, als Auktionator Hans-Joachim Schaufuß rund 60 Bieter begrüßen konnte. Was sie ersteigern konnten? Über 250 Posten waren es, die zur Versteigerung bereit lagen. Sie stammten von einem Bürger, dessen beträchtliche Schulden der Gemeinde gegenüber mit dem Erlös beglichen werden sollte.
Ob es am Ende ausreichte, konnte nach der Versteigerung noch niemand sagen.
Es handelte sich um jenen Fall vom vergangenen Herbst, bei dem umfangreiche Waffenfunde in einer Wohnung auftauchten und die Polizei tätig wurde (wir berichteten). Doch waren in der Wohnung nicht nur Waffen gefunden worden, sondern auch andere Sammlungen, die jetzt versteigert wurden.
Uhren und Nähmaschinen
So zum Beispiel eine Vielzahl von Uhren verschiedener Größen. Von Armband- und Taschenuhren über Kamin- und Wanduhren bis hin zu so genannten Regulatoren und Standuhren. Groß war auch die Menge von Nähmaschinen und hölzernen Spinnrädern. Weiter ging es mit den Werkzeugen, Schraubstöcken, Schweißgeräten, Kettensägen, Bohrmaschinen und Äxten, mit denen man ganze Betriebe hätte versorgen können.
Alte Röhrenradios im Holzgehäuse der 50er Jahre wurden versteigert, Film- und Videokameras aus vergangenen Zeiten."Wir hatten mit drei Mann drei Tage lang zu tun, um die Sachen aus der Wohnung zu schaffen und sie für die Versteigerung im alten Rathaus aufzubauen", bestätigte Bauhofleiter Peter Görke. Denn hinter den 257 Versteigerungspositionen verbargen sich mehr als 400 Gegenstände. Schon am Samstagvormittag konnten sich die Interessenten alles anschauen und sich die auf den Gegenständen angebrachten Nummern vormerken. Jeder Bieter erhielt eine Liste der Gegenstände und eine Bieternummer, die er bei seinem Gebot im Sitzungssaal des Rathauses hoch hielt.
Überschaubare Preise
Die Mindestgebote waren recht gnädig: Zehn Euro für eine Marienstatue aus Terracotta, 20 Euro für eine alte Saftpresse, 30 Euro für eine Art Deko-Uhr, 100 bis 200 Euro für ausgewachsene Standuhren, je nach Zustand. Einige Sachen waren noch recht gut erhalten. Größere Bieterschlachten blieben aus, war doch das Angebot von gleichwertigen Gegenständen in der Breite sehr groß. Die Bieter kamen nicht nur aus dem Bereich der Gemeinde Wartmannsroth, sondern zu einem großen Anteil aus dem Hammelburger Raum und dem Nachbarlandkreis Main-Spessart. Gegen Ende der Versteigerung herrschte ein reger Abholbetrieb. Nachdem die Steigerer alles bezahlt hatten - Zuschlagpreis plus 20 Prozent Aufschlag, inklusive Mehrwertsteuer - wurden Kisten, Geräte und Kleinteile geschultert und abtransportiert. "Vom Platz her hat es gerade gereicht", freute sich Bürgermeister Jürgen Karle. Sowohl der aktuelle als auch der ehemalige Sitzungssaal im alten Rathausgebäude waren voll durch die Versteigerung belegt. Etliche Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung mussten wegen der Aktion ihren freien Samstag opfern. Die Ergebnisbilanz könne frühestens heute, also am Montag gezogen werden, sagte Jürgen Karle.