"Kreuzberg, das ist wie eine Sucht"
Autor: Doris Bauer
Euerdorf, Dienstag, 05. August 2014
92 Pilger aus Euerdorf und zahlreichen Nachbargemeinden machten sich auf den Weg zum "heiligen Berg der Franken".
74 Kilometer sind nicht einfach ein Spaziergang. Bewusst lässt man sich darauf ein. Um sechs Uhr morgens beginnt die traditionelle Kreuzbergwallfahrt. Immer wieder wird gebetet und gesungen. Vorbeterin Brigitte Tokarski hat dieses Amt 1994 von Irma Albert übernommen und ist seitdem mit Leib und Seele dabei. "Der Kreuzberg, das ist wie eine Sucht. Einmal konnte ich nicht mit, das war richtig schlimm für mich", erklärt sie.
Mit Texten, Gebeten und Liedern sorgt die Euerdorferin gemeinsam mit einem fünfköpfigen Vorbeter-Team für die Seelen der Gläubigen. Künftig möchte sie ihr Amt in jüngere Hände geben. Die 64-Jährige hatte vieles vorbereitet, entscheidet aber oft spontan, was gebetet wird: "Je nachdem, wie alle dabei sind und wie die Umstände gerade sind. Bei allzu großer Hitze oder bei schwierigen Wegstrecken geht es auch einmal schweigend den Weg", erklärt Tokarski.
Außerdem achtet sie darauf, "dass die Musiker bergauf nicht aus der Puste kommen."
Sorgfältige Planung nötig
Hier sind ein waches Auge und sorgfältige Planung gefragt. Aber keine Strenge. Vielmehr lacht sie gerne und freut sich wie die anderen Wallfahrer, wenn sie oben angekommen ist. "Das ist einfach ein schönes Gefühl, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Jeder steht dem anderen bei. Die Gemeinschaft trägt. Ein unvergessliches Erlebnis, das lange Kraft im Alltag gibt", weiß Brigitte Tokarski.
Für Wallfahrtsleiterin Gisela Leber und Quartiermeister Bruno Brimer ist die Wallfahrt der Euerdorfer Kreuzbruderschaft auch ein logistischer Aufwand. Mit Unterstützung vieler weiterer Helfer wird er mit Bravour gemeistert.
Es gibt jeweils eine große Pause in Burkardroth und in Waldberg, wo die örtliche Gastronomie beziehungsweise Vereine sich in Absprache mit der Wallfahrtsleitung auf die zahlreichen Gäste eingestellt haben. Weitere Pausen gibt es, in denen die Wallfahrer mit Getränken und Traubenzucker versorgt werden.
Auch wenn die sommerliche Hitze den Schweiß aus den Poren treibt, wissen sich die Teilnehmer bei der optimalen Organisation in guten Händen. Wer zwischendurch eine Pause benötigt oder sich den Aufstieg über die steile "Kniebrech" nicht zutraut, wird im nachfolgenden Wagen mitgenommen. Am Nachmittag kommen die Gläubigen erleichtert an der Klosterkirche an.
Keine Berührungsängste
Bei Glockengeläut ziehen die Wallfahrer in die Kirche ein.
Schweiß steht noch auf der Stirn, aber in den zahlreichen Gesichtern ist Dankbarkeit und Erleichterung zu sehen.
Bemerkenswert ist, dass sich Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren auf den Weg machen und es keinerlei Berührungsängste zwischen den Generationen gibt. Man steht zusammen, hilft sich, passt aufeinander auf, gibt sich Tipps, wenn die ein oder andere Blase am Fuß auftaucht und motiviert sich gegenseitig - eben wie eine lebendige Gemeinde. Und am nächsten Tag wallen sie dann auch gemeinsam wieder zurück.
Circa 300 Mitglieder zählt die Kreuzbruderschaft. Vorsitzende ist Gisela Leber, Quartiermeister Bruno Brimer. Im nächsten Jahr findet die Wallfahrt bereits am 18./19. Juli statt.
In dem Gelöbnis aus dem Jahre 1796 wurde festgelegt: 1. alljährlich in einer Prozession am Sonntag nach Bartholomä nach dem Kreuzberg zu wallfahren, 2.
den Tag vor Wendelini als Fasttag zu halten und den Wendelinitag selbst zu feiern, 3. an keinem Sonn- und Feiertage mehr vor dem vormittägigen Gottesdienst die Hirten austreiben lassen zu wollen. Ferner steht in der Chronik zu lesen, dass die erste Wallfahrt ein Tag vor Michaeli 1796 stattfand und unter Begleitung eines Geistlichen und alljährlich bis zum Jahre 1801 fortgesetzt wurde, "von wo an vermöge eines Decretes von seiner Durchlaucht dem Churfürsten Maximilian Joseph alle Wallgänge abgestellt wurden."