Grüne stellen Schulcampus Hammelburg in Frage
Autor: Ralf Ruppert
Hammelburg, Freitag, 17. Januar 2020
Flächenverbrauch, mangelnde Transparenz und weite Wege: Der Kreisverband fordert eine öffentliche Diskussion zur Zukunft von Gymnasium, Real- und Saaletalschule. Landrat Bold und Bürgermeister Warmuth weisen die Kritik zurück.
Vor der Kommunalwahl hat der Grünen-Kreisverband ein bereits entschiedenes Thema wieder belebt: Der Hammelburger Kreis-Vorsitzende Tobias Eichelbrönner und Landratskandidatin Manuela Rottmann stellen den Grundsatz-Beschluss in Frage, einen neuen Schulcampus am Sportzentrum zu bauen. Sie fordern, zunächst aus ihrer Sicht noch offene Fragen zu klären, bevor weiter geplant wird. "Ich kann das nicht nachvollziehen", reagiert der Hammelburger Bürgermeister Armin Warmuth (CSU). Und auch CSU-Landrat Thomas Bold stellt sich hinter die Umzugspläne für die Schulen: "Ich bin überzeugt, dass es die beste Lösung ist."
Selbst innerhalb der Grünen sind die Meinungen offenbar gespalten: Die Kreisräte stellen den neuen Campus wohl nicht mehr in Frage: "Die Grünen-Fraktion steht hinter dem Beschluss", sagt die stellvertretende Landrätin und ehemalige Kreisvorsitzende Monika Horcher auf Anfrage. Die Entscheidung sei demokratisch gefallen. Aber: "Der Kreisverband kann ja anderer Meinung sein."
Nicht nur Baukosten betrachten
"Für die Grünen sind einige Fragen noch offen, insbesondere was die langfristigen Auswirkungen auf die Stadtentwicklung in Hammelburg angeht", heißt es in einer Mitteilung des Kreisverbandes. Die Grünen bemängeln eine "bloße Betrachtung der Baukosten" als Entscheidungsgrundlage. Zudem befürchtet Eichelbrönner, dass "Leben aus der Stadt abgezogen" werde: Zum einen würde der Schulweg vom nördlichsten Ende der Kernstadt auf mehr als drei Kilometer verlängert. Damit müsste der Landkreis für die Schüler sogar einen Busverkehr anbieten. Zudem werde der Fußweg in die Innenstadt länger: "Junges Leben, das die Schulen jeden Tag in die Stadt bringen, drängen wir dann nach draußen."
Nutzungskonzept gefordert
Den Grünen fehlt auch ein Nachnutzungskonzept für die jetzigen Schul-Standorte: "Ist es wirklich realistisch, dass die ganze Fläche bewohnt und belebt werden wird?" Eichelbrönner sieht "enormen Klärungsbedarf". Vor allem wehren sich die Grünen gegen die Pläne, den Architekten-Wettbewerb bald auszuschreiben: "Nachdem die Sanierung für viele Jahre am alten Standort geplant wurde, wird jetzt beim Neubau ein Zeitdruck aufgebaut, welcher der Tragweite der Entscheidung nicht gerecht wird." Aus Sicht der Grünen müssten zunächst die Kosten für den Abriss der Gebäude samt Schutzbunker und die Erschließung des neuen Campus auf den Tisch.
Die Hammelburger Bundestagsabgeordnete und Landratskandidatin Manuela Rottmann kann nach eigenen Worten die Gründe für einen Umzug zwar nachvollziehen, insbesondere den Bau ohne Beeinträchtigung des Schulbetriebs. "Wir können aber in unserer Region nicht mehr immer weiter den einfacheren Weg gehen und uns immer mehr in die Fläche ausbreiten." Zum einen verweist sie auf steigende Kosten für die Erhaltung der Infrastruktur, zum anderen habe der Landkreis eine Vorbildfunktion: "Es ist kein gutes Signal, wenn die öffentliche Hand sich nicht traut, im Bestand zu sanieren, aber gleichzeitig solche Initiativen von privaten Investoren wünscht."
Strikter Widerspruch kommt von Landrat Bold: "Der neue Schulcampus ist ein Glücksfall für die Stadt", kommentiert er die städtebaulichen Möglichkeiten. Der Campus sei auch kein Verbrauch neuer Flächen, weil die Stadt das Gebiet bereits im Flächennutzungsplan als Wohn- und Gewerbeflächen vorgesehen hat. Eigentlich gehe es um einen Tausch: "Die Schüler sind vielleicht weiter weg, aber dafür entstehen Wohnungen näher an der Innenstadt", betont Bold.
"Die Entwicklung des Bereichs Hochstein wird seit Jahrzehnten diskutiert", bestätigt auch Bürgermeister Warmuth. Es handle sich um "die einzige echte Entwicklungsmöglichkeit der Stadt." Bold und Warmuth sind sich einig, dass die drei Schulen am neuen Standort kürzere Wege ins Sportzentrum haben und die pädagogischen Konzepte dort besser verwirklicht werden können.