Das Rätsel der Knochengrube
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Dienstag, 12. Sept. 2017
Bei den Bauarbeiten im Innenhof des Klosters kommt eine Grube mit Knochen zum Vorschein. Das Rätsel ihres Ursprungs scheint nun gelöst.
Bereits vor den Bauarbeiten im Kloster wurde im Innenhof eine Grabanlage vermutet. Die Knochengrube, die dann tatsächlich vor einigen Tagen bei Grabungen auftauchte, war in ihrer Form eine Überraschung. Doch sie erzählt ein Kapitel aus der Geschichte des Klosters.
Als Josef Kirchner vom Fund der Knochengrube las, wusste er sofort, was es mit dem Sammelgrab auf sich hat. Er hat in seiner Schriften-Sammlung zur Hammelburger Geschichte Bilder und Aufzeichnungen, die die Zusammenhänge aufklären.
So stammen die Knochen wohl aus der Klostergruft. Sie befand sich in dem Gebäudeteil, in dem später eine Hauskapelle eingerichtet wurde. Erinnerungen von Konrad Hoffmann, der das Kloster häufiger besuchte, überliefern ihre Gestalt. Demnach umfasste die Klostergruft 36 Grabkammern. Diese wurden jeweils mit einer Tafel verschlossen, die mit Name und Sterbetag des Verstorbenen beschriftet wurde.
Waren alle Grabkammern voll, wurde bei einem neuen Todesfall die am längsten belegte Kammer geöffnet und ausgeräumt, um sie dem nächsten Verstorbenen zuzuweisen. Die Gebeine wurden im Sammelgrab im Hofgarten beigesetzt. Zwischen 1808 und 1931 sollen in der Gruft 56 Franziskaner beerdigt worden sein.
Die Gruft wurde 1954 aufgelassen. Denn in dem Jahr wurde der neue Klosterfriedhof auf dem Platz an der Klosterkirche eingeweiht. Ein Chronikeintrag berichtet von dem Ereignis am Armenseelenfest am Samstag, 10. Juli, 1954. "Bereits in den ersten Morgenstunden des vergangenen Samstags strömten die Gläubigen zur Klosterkirche Altstadt. Der andauernde Regen konnte sie nicht abhalten, während der Gottesdienste von 4.30 bis 10 Uhr die Kirche zu füllen", heißt es in einem Bericht von damals.
Die sterblichen Überreste der Franziskaner, die in der Gruft beigesetzt waren, wurden auf den neuen Friedhof übertragen. Sie wurden in einem Sammelgrab bestattet. Der 1808 verstorbene Pater Candidus Kirchner bekam dabei ein eigenes Grab. Seine Familie stammte aus Frankfurt am Main. Ab 1648 war sie in Hammelburg ansässig.
Von Pater Candidus ist überliefert, dass er sehr fromm gewesen sein soll und jeden Samstag die heilige Messe im Steinthal gelesen haben soll. Er soll außerdem ein großer Verehrer der Muttergottes gewesen sein. Der Legende nach soll er daher die Muttergottes mehrmals über Hammelburg schweben gesehen haben. Sein Leichnam war beim Transfer zum neuen Klosterfriedhof angeblich noch nicht verwest.
In der Knochengrube fanden die Grabungsexperten des Büros BfAD Heyse einige wenige Hinweise, die darauf deuten, dass es sich bei den Knochen um Überreste von Klosterangehörigen handeln kann. Sie legten einen Teil eines Rosenkranzes frei und eine kleine Madonnenfigur, die als Knopf gedient haben könnte.