Druckartikel: Fast 50 Jahre Erfahrung gehen

Fast 50 Jahre Erfahrung gehen


Autor: Kerstin Väth

Hammelburg, Freitag, 17. Februar 2017

Norbert Kühnl hat fast fünf Jahrzehn te bei der Stadt Hammelburg gearbeitet. Was er in seiner Zeit erlebt hat, erzählte er, bevor er in den Ruhestand geht.
Fast 50 Jahre war Norbert Kühnl bei der Stadt Hammelburg. Jetzt geht der Geschäftsleiter der Stadtwerke GmbH Hammelburg in Ruhestand. Foto: Kerstin Väth


Auf dem Boden und den Tischen im Büro stapelt sich Papier. Norbert Kühnl sortiert aus. Morgen kommt das meiste in den Reißwolf. In den vielen Jahren seiner Dienstzeit ist einiges zusammen gekommen. Er war in der Haupt-, Finanz-, Bauverwaltung und im Ordnungsamt als Referats-, Werks- und Amtsleiter, absolvierte zahlreiche Seminare zu den unterschiedlichen Themen und erlebte in seiner Amtszeit fünf Bürgermeister. Zum 1. März geht Norbert Kühnl, Geschäftsführer der Stadtwerke GmbH, nach fast 50 Dienstjahren in Ruhestand.
Im September 1969 kam er als Auszubildender für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst zur Stadt und hat sich über die Jahre von unten nach ganz oben gearbeitet. Nach zahlreichen Fortbildungen und sieben Semestern Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie war er unter anderem Leiter der Bauverwaltung und übernahm Anfang 1988 die Geschäftsleitung der Stadt Hammelburg. Zeitgleich wurde er Werkleiter der Stadtwerke und ab 2002, als die Stadtwerke zur GmbH wurden, deren Geschäftsführer.


Integration in Handarbeit

Wenn die Stadt ihn nächste Woche in einer Feierstunde im Pfarrzentrum offiziell verabschiedet, blickt er auf ein langes, bewegtes Berufsleben zurück. "Es war eine interessante Zeit", sagt Norbert Kühnl und erinnert sich noch gut an die Gebietsreform. Gerade war die Landkreisreform geschafft, da musste Hammelburg zehn Gemeinden aufnehmen. "Das war eine große Aufgabe", berichtet Kühnl wie zwischen 1972 und '79 Bebauungspläne, Satzungen und die gesamten Standesämter samt ihrer Urkunden übernommen und Gemeindekanzleien eingerichtet wurden. "Es musste unheimlich viel organisiert werden und damals gab es keine Computer, das war alles Handarbeit", schmunzelt Kühnl heute.
Besonders die kleinen Dinge seien sehr zeitaufwendig gewesen. Der Teufel steckte oft im Detail. So hatten zum Beispiel Hammelburg und Westheim eine Westheimer Straße. Das ging garnicht, die musste umbenannt werden. Oder in Gauaschach gab es lediglich Hausnummern und überhaupt keine Straßennamen. Vieles hat sich in den fünf Jahrzehnten geändert, eines jedoch nie: "Die Stadtkasse hatte noch nie zu viel Geld, wir mussten schon immer eines nach dem anderen machen und schauen, dass es Zuschüsse gibt", fasst Kühnl zusammen. Hammelburg hätten eben immer die großen Gewerbebetriebe gefehlt. Man sei zwar froh, dass es die Bundeswehr hier gebe, aber Gewerbesteuern zahlt die nicht.


Von Strom bis Schwimmbad

Bei den Stadtwerken musste sich Norbert Kühnl in ganz andere Aufgabenfelder einarbeiten. "Das war einerseits ein zeitlicher Aufwand, aber es war immer interessant Neues anzugehen", meint der 63-Jährige. Und an Neuem mangelte es sicher nicht. Zunächst musste sich Kühnl von der reinen Verwaltungsarbeit zur Führungsposition weiterbilden. Früher bestanden die Stadtwerke ferner aus Strom und Wasser. Bei seinem Vorgänger kam die Gasversorgung hinzu, bei Kühnl selbst noch Wärmeversorgung, das Parkdeck, die Schwimmbäder und schließlich die Breitbandversorgung.
Die Sanierung der Bäder und der Aufbau der Breitbandversorgung waren die größten Projekte, die Norbert Kühnl als Geschäftsführer der Stadtwerke mit seinem Team umsetzen mussten. Die Modernisierung und der Umbau zunächst des Frei- und dann des Hallenbades wurden 2006 abgeschlossen. "Das hätten weder die Stadt noch die Stadtwerke alleine geschafft, das ging nur zusammen" und die Erhaltung sei - auch für die Schulen - dringend notwendig gewesen, bekräftigt er.
Die Übernahme der Bäder durch die Stadtwerke im Jahr 2003 war auch einer der Hauptgründe, dass die Mitarbeiterzahl von einst 25 als Kühnl Werkleiter wurde auf heute 55 angestiegen ist. Außerdem kam natürlich die Breitbandversorgung dazu. "Die Investitionen hier haben sich gelohnt", bestätigt Kühnl, aber auch die Anforderungen nehmen zu. Viele Unternehmen seien inzwischen weltweit vernetzt und benötigen bereits einen dritten Glasfaseranschluss, weil ihre Datenmengen sehr groß sind.
Darüber hinaus beschäftige sie die Bundesnetzagentur ganz schön. Seit der Liberalisierung der Stromnetze sei die Arbeit nicht weniger, sondern eher mehr geworden. Um sicherzustellen, dass der Wettbewerb funktioniert, seien viele Berichte und Kontrollen erforderlich und das bedeute natürlich extremen Mehraufwand.
Aber den werden jetzt andere erledigen. Seine Stellvertreterin Anja Binder übernimmt die Geschäftsführung der Stadtwerke. Sie ist seit drei Jahren Prokuristin und "hat ihren kaufmännischen Bereich voll im Griff". Der Rest ergibt sich. Es sei gut, wenn Junge mit neuen Ideen nachfolgen, sagt Kühnl, der bereits seit einem Jahr in Altersteilzeit ist und weniger Stunden arbeitet."Nach gut 47 Jahren gibt es auch noch andere schöne Sachen als Arbeit", sagt er. Mit seiner Frau werde er viel verreisen und sich endlich mal um seinen Garten kümmern.
Dem Hammelburger Bürgermeister wird Kühnls Erfahrung fehlen. "Norbert Kühnl hat über fast fünf Jahrzehnte die Stadt und ihre Entwicklung maßgeblich geprägt und mitgestaltet", so Armin Warmuth in einer Stellungnahme. Sein Handeln sei immer pragmatisch und zielorientiert gewesen und "er hat sich immer neuen Herausforderungen gestellt und die Stadtwerke mit seinem Mitarbeiterteam zu einem modernen Dienstleister für die Bürger gemacht".