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"Es waren kostbare 13 Jahre"


Autor: Doris Bauer

Euerdorf, Freitag, 18. Juli 2014

Horst Löwenstein gibt seine Tätigkeit als Pastoralreferent der Pfarreiengemeinschaft Saalethal auf. In einem Interview mit unserer Zeitung sprach er über seine Pläne für die Zukunft.
Horst Löwenstein wird heute in einem Gottesdienst um 18 Uhr in Euerdorf verabschiedet. Foto: Doris Bauer


Horst Löwenstein beendet seine Tätigkeit als Pastoralreferent der Pfarreiengemeinschaft Saalethal. Der Diplom-Theologe, der in Sulzthal wohnt, wechselte 2001 von Volkach nach Euerdorf. Seit fünf Jahren befindet er sich in Altersteilzeit und nun in der Freistellungsphase. Während seiner 13-jährigen Tätigkeit in Aura, Euerdorf, Ramsthal, Sulzthal und Wirmsthal hat er viel erlebt, hat sich viel verändert. Und so wirft der 60-jährige Vater zweier Söhne, der in seiner Freizeit auch Sitar spielt, einen Blick auf seine Arbeit, die Pfarreiengemeinschaft Saalethal und in seine Zukunft.

Wie sieht Ihr persönlicher Rückblick in Bezug auf die langjährige Tätigkeit in der Pfarreiengemeinschaft Saalethal aus?
Horst Löwenstein: Es waren kostbare 13 Jahre, in denen ich viel lernen durfte. Ich bekam Einblick in die Lebenssituation verschiedenster Menschen. Ich konnte sehen, welchen Zerreißproben Familien ausgesetzt sind, unter welchem Druck manche stehen, wie die Einsamkeit oder das Minderwertigkeitsgefühl an alten Menschen nagt. Aber auch andererseits, wie viel Liebe und Feingefühl in manchen Familien herrscht, wie rührend Angehörige für ihre Eltern sorgen und wie offen und unverdorben manche Kinder sind. In verschiedenen Gremien hatte ich das Glück, mit vielen Menschen zusammenzuarbeiten, die das Wohl ihrer Mitmenschen im Blick haben. Die Wertschätzung und das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde, hat mich gelehrt, trotz aller Unzulänglichkeiten auf die guten und heilsamen Kräfte in jedem Menschen zu bauen. Auch in der Kirche selbst hat sich viel getan. Es wurden kirchenpolitische Änderungen vorgenommen, wie zum Beispiel das Predigtverbot für Laien. Ich konnte jedoch damit leben; es geht schließlich um den Geist, der lebendig ist und fließt und nicht um den Rahmen, der ihn umschließt.

Wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus?
Zunächst werde ich mich in der altehrwürdigen Tradition des Schweigens üben und die eigene Wahrnehmung schulen. Zum Einstieg beginne ich mit einem 10-tägigen Intensivkurs in einem buddhistischen Meditationszentrum. Außerdem steht ein Besuch im "Ashram Jesu" für geistliche Grundübungen an und ein Workshop für klassische Indische Musik, um meine Sitarkenntnisse (indisches Instrument) zu vertiefen. Zuhause werde ich das weiter praktizieren und versuchen, es in einen harmonischen Einklang mit der Familie zu bringen. So werde ich auf jeden Fall ein Jahr lang von der äußeren Bühne zurückgezogen leben - und dann wird man weiter sehen. Rückzug heißt für mich aber nicht, "die Türen verschließen". Ich bin ja weiterhin da, für persönliche Begegnungen und Anliegen oder wo ich helfen kann.

Wie beurteilen Sie die momentane seelsorgerische Situation in der Pfarreiengemeinschaft?
In der Pfarreiengemeinschaft haben wir im Verhältnis zu vielen anderen Gemeinden eine gute Besetzung. Für meine Position steht auch ab 1. September diesen Jahres ein Nachfolger zur Verfügung.
Welches Bild haben Sie von der Pfarreiengemeinschaft?
Horst Löwenstein: Ein durchweg positives. In den letzten zehn Jahren haben sich die Gemeinden aufeinander zubewegt. Es gab viele gemeinsame Veranstaltungen, wie zum Beispiel Klausurwochenenden der Pfarrgemeinderäte, Sternwallfahrten, Glaubenskurse. Die Pfarrgemeinderäte der einzelnen Ortschaften kennen sich mittlerweile gut. Es gibt viele Synergie-Effekte. Obwohl die Pfarreigrenzen immer noch ortsmäßig geblieben sind, wurden Vorurteile abgebaut, die in den Köpfen waren, es entstand Gemeinschaft.

Wie sieht die Zukunft der Jugendarbeit in der Pfarreiengemeinschaft aus?
In der Ministrantenarbeit, wie zum Beispiel dem gemeinsamen Zeltlager über die Ortsgrenzen hinaus, aber auch in den örtlichen Vereinen, haben wir eine sehr gute Basis für die Zukunft. Hier lernen die Jugendlichen Zusammenhalt und Verantwortungsbewusstsein.

Gibt es noch Potentiale in der Pfarreiengemeinschaft? Was wünschen Sie den Gläubigen?
Ja, da gibt es noch eine Baustelle, die abgerissen und entsorgt werden muss, die "Das gehört sich so - das haben wir schon immer so gemacht." Das wäre schön. Wenn ich mal träumen darf, dann wünsche ich - nicht nur den "Gläubigen", dass in den Köpfen das alte, starre Bild von "Kirche" verschwindet und das Denken in starren Formen und Vorurteilen. Ich wünsche jedem genügend innere Stärke und Vertrauen, um sich im freien Geist von Jesus zu entfalten, egal wo jeder arbeitstechnisch oder privat eingespannt ist.

Das Gespräch
führte Doris Bauer