Druckartikel: Erinnerung ans Kriegsgefangenenlager in Hammelburg

Erinnerung ans Kriegsgefangenenlager in Hammelburg


Autor: Arkadius Guzy

Hammelburg, Donnerstag, 11. Sept. 2014

Gleich Ende August 1914, kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, kamen die ersten französischen Kriegsgefangenen in Hammelburg an. Albert Galand war einer von ihnen. Er hinterließ ein Denkmal an die damalige Zeit.
Lothar Emmerling restauriert in seiner Werkstatt die Teile des "Franzosenkreuzes". Foto: Arkadius Guzy


Unzählige Soldaten sind über die Jahre am "Franzosenkreuz" am Truppenübungsplatz vorbeigezogen. "Ich weiß nicht mehr, wie oft ich mit dem Panzer daran vorbeigefahren bin", sagt Lothar Emmerling. Nun liegen Teile des Kreuzes in seiner Werkstatt in Bad Kissingen. Der Restaurator will den Verfall dieses Denkmals aus dem Ersten Weltkrieg aufhalten.

"Es ist höchste Zeit, dass etwas gemacht wird. Wenn die Christusfigur nicht aus Eiche wäre, wäre sie längst verwittert", sagt Emmerling. Der Christus ist knapp 100 Jahre alt. Der französische Kriegsgefangene Albert Galand schuf die Figur während seiner Internierung im Lager Hammelburg.

Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs war Galand in deutsche Gefangenschaft geraten. Ende August 1914 traf er mit den ersten 3000 französischen Kriegsgefangenen in Hammelburg ein.

Galand war Holzschnitzer. Das sprach sich im Lager offenbar herum. Er durfte den Gekreuzigten ausarbeiten. Sein handwerkliches Können sieht man der Christusfigur an, wie Emmerling meint. Das "Franzosenkreuz" wurde im Jahre 1916 am Truppenübungsplatz aufgestellt. Dort ist es bis heute ein Ort des Gedenkens.

Die Jahrzehnte und die eine oder andere Rettungsaktion haben aber Spuren hinterlassen. So ist zum Beispiel eine Schraube in einen der Arme gedreht worden, um diesen am Korpus zu befestigen.

Emmerling will die Figur und die weiteren Teile des "Franzosenkreuzes" konservieren. Dabei versucht er möglichst viel von der Substanz zu retten. Emmerlings Spezialgebiet sind historische Oberflächen. Zu seiner Philosophie gehört es, alte Beschichtungen nicht einfach abzuschleifen, sondern zu erhalten. So baut er zum Beispiel bei alten Möbeln den Schellacküberzug neu auf.

Arbeit mit dem Skalpell

Bei der Christusfigur muss Emmerling zunächst mit Lösungsmittel und Skalpell den Lacküberzug, der aus neuerer Zeit stammt, und den Flechtenbewuchs entfernen. Danach setzt er Eichenholz in die Risse ein, um sie zu verschließen. Zuletzt imprägniert er das Holz mit Leinöl. So kann der Christus weitere Jahre überstehen. Emmerling erklärt aber: "Man muss immer wieder einmal, so alle zwei Jahre, neues Öl auftragen." Das sei allerdings nicht mehr aufwendig und kompliziert.

Emmerling hat durch seine Bundeswehrzeit eine persönliche Beziehung zum "Franzosenkreuz". Er war von 1986 bis 1992 - bis zur Auflösung - im Panzerbataillon 354. Er kennt die Figur seit damals. "Das ist das schöne an dem Auftrag", meint Emmerling.

Doch nicht allein die Figur wird restauriert: Die Infanterieschule lässt die ganze Gedenkstätte samt Zaun und Sitzbänken erneuern, wie Stabsfeldwebel Detlef Ramser auf Nachfrage bestätigt. Vor allem bekommt der Christus ein neues Kreuz. Das ursprüngliche sei schon stark verwittert gewesen. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge übernimmt einen Teil der Kosten.

Die Infanterieschule hat auch Kontakt nach Frankreich zu Nachfahren von Albert Galand. Im Jahr 2007 besuchten vier seiner Enkel Hammelburg. Damals wurden zwei Gedenktafeln am "Franzosenkreuz" enthüllt, die die Geschichte der Stätte und des Holzschnitzers erzählen.

Zum Ende des Ersten Weltkriegs war die Zahl der französischen Kriegsgefangenen auf 5000 gestiegen. Auch Russen und Italiener zählten zu den Internierten auf dem Lagerberg. Die französischen Gefangenen konnten gleich nach Kriegsende in ihr Heimatland zurückkehren. So auch Galand. Sein Christus blieb auf dem Truppenübungsplatz und erinnert an das Kriegsgefangenenlager.