Ein weiter Bogen in Sachen Liebe
Autor: Jacqueline Vera Mihm
Hammelburg, Donnerstag, 29. Oktober 2015
Vom Paradiesapfel, Liebe unter freiem Himmel und anderen Unwegsamkeiten: ein unterhaltsamer Abend mit Hans Driesel und David Reß.
"Gott schuf den Mann zur Probe und die Frau zu seinem Lobe", lautete der Titel der Benefizveranstaltung zu der der Freundeskreis der Stadtbibliothek eingeladen hatte. Man konnte Hans Driesel und David Reß für diese Veranstaltung gewinnen und die Aula des Hammelburger Frobeniusgymnasiums füllte sich zügig mit über 60 literarisch Interessierten.
Der Schweinfurter Rezitator und Vortragskünstler Hans Driesel und der ihn am Flügel spielende und singend begleitende Lehrer David Reß sorgten für einen gelungenen Abend. Einen Abend, der zum Schmunzeln, Nachdenken und Reflektieren einlud.
Musik und Vortragskunst
Voller Energie startete Reß mit "Ein Mann muss nicht immer schön sein!" und Driesel, der unter anderem über 23 Jahre das Schweinfurter Hans-Sachs-Theater leitete, führten daraufhin auf Fränkisch das Publikum direkt ins Paradies.
Vielmehr zum Ereignis des Rauswurfs aus diesem, da Eva bekanntlich leider den Apfel anderer Früchte bevorzugte. Im Paradies, wo eine spärliche Bekleidung gegeben schien, liegt wohl der Ursprung der heute immerwährenden weiblichen Feststellung "Ich haben nichts anzuziehen". Driesel geleitete das Publikum literarisch mit Goethe durch den Wald, auf eine Berg- und Talfahrt der (Frühlings-) Gefühle bis hin zu Schillers Glocke und Lou Salomés Liebeserkenntnissen. Mit Aphorismen von Schiller und Goethe, teils in Mundart, Heines Gedicht über die Liebe des Käfers zu einer Fliege und dem schwungvollen Lied "So ein Mann, so ein Mann!", führten die Akteure das Publikum hin zur isomattenfreien Liebe Heines Unter den Linden.
Rasant ging es zurück ins Mittelalter zu Walter von der Vogelweides Minnesang und kurz darauf wähnte sich das Hammelburger Publikum in Romeo und Julias Schlafzimmer und setzte sich gedanklich mit dem bekanntesten ornithologischen Satz der Liebesliteratur auseinander: der Frage, ob es jetzt die Nachtigall oder die Lerche sei. Das Frauen keine Engel seien, vermittelte Reß durch das 1943 erschienene gleichnamige Lied und Driesel präsentierte Erich Frieds "Was es ist". Er rezitierte aus Liebesbriefen zwischen Erich Maria Remarque und Marlene Dietrich, teilte den Zuhörern etwas über die romantische und handfeste Liebe mit, wie Floria ihre Liebe mit Augustius wohl schriftlich festgehalten hätte und gab Einblicke in Mozarts, Rilkes und Annette von Droste-Hülshoffs Vorstellungen des Liebesbegriffs.
Zum Abschluss schlug Driesel den Bogen wieder hin zu Frieds "Es ist was es ist", und dank seiner mitreißenden und humorvollen Vortragsweise und der melodischen musikalischen Begleitung durch David Reß, erlebten die literarisch Interessierten einen inspirierenden Abend. Driesel und Reß spendeten ihre Gage dem "Freundeskreis der Stadtbibliothek". Eine Dame meinte, dass sie viele Textpassagen wiedererkannt habe und jetzt angeregt sei, diese Werke wieder zu lesen. Ein so reichhaltiger, literarisch-musikalischer Abend kann Appetit machen - Appetit auf wieder- oder erstmaliges Lesen wichtiger und klassischer literarischer Werke. Literaturvermittler Driesel hat ganze Arbeit geleistet und die Stadtbücherei kann sich über neue literarische Werke freuen, da der Erlös des Abends ihr zugute kommt.