Druckartikel: Ein Ort feiert seine Geschichte

Ein Ort feiert seine Geschichte


Autor: Doris Bauer

Euerdorf, Freitag, 08. Januar 2016

Die 1300-Jahr-Jubiläumsfeierlichkeiten in Euerdorf beginnen mit einem großen Eröffnungskonzert am Sonntag in einer Woche.
Wehrturm mit der rekonstruierten Mauer in Euerdorf. Fotos: Doris Bauer


Endlich ist es so weit: Nach langer Vorbereitungszeit beginnen am Sonntag, 17. Januar, die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 1300-jährigen Dorfjubiläum mit einem Eröffnungskonzert in der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer. Beginn ist um 17 Uhr, der Eintritt ist frei.
Den Gästen und Besuchern wird ein festliches Chor- und Orgelkonzert präsentiert. Der Julifa-Chor (Junge Lieder für alle) von der Kantorei aus Bad Kissingen wird unter der Leitung des Bad Kissinger Stadtkantors Burkhard Ascherl den Hauptteil des Konzerts bestreiten. Die Vorträge werden teils auch mit Klavierbegleitung durch Ute Stibor sein. Weiterhin gibt es Orgelstücke der erst 16-jährigen Anne Rustler aus Bad Kissingen. Heribert Schießer vom Festausschuss ist sich sicher: "Der Klang unserer Schlimbach-Orgel, verbunden mit dem virtuosen Orgelspiel von Anne Rustler, versprechen einen erstklassigen und einmaligen Hörgenuss."


Musik und Lesungen

Zwischen diesen musikalischen Beiträgen gibt es kurze Gedichte, Geschichten, Anekdoten oder Sagen zur Marktgemeinde, die von Euerdorfern vorgetragen werden. "Man kann davon ausgehen, dass die Zuhörer Interessantes erfahren werden, was den wenigsten bis heute bekannt sein dürfte. Schöne, von Euerdorfern geschriebene Gedichte, die auch zum Schmunzeln anregen, runden den Reigen ab", so der Vorsitzende des Festausschusses. Natürlich wird auch an das leibliche Wohl der Besucher gedacht. In der Pause und nach dem Konzert können sich die Gäste im Pfarrsaal stärken.
Euerdorf feiert nicht irgendein Jubiläum, Euerdorf feiert sein Bestehen seit 1300 Jahren. "Vielleicht gibt es Euerdorf schon viel länger, wovon eigentlich auszugehen ist", vermutet Manfred Dotter, gleichzeitig auch Hobby-Historiker, der sich mit der Geschichte der Marktgemeinde akribisch auseinandergesetzt hat. Das Jubiläum bezieht die Marktgemeinde auf eine Schenkungsurkunde aus 716 - Euerdorf ist dabei nicht namentlich genannt.


Blick in die Dokumente

Manfred Dotter erklärt dazu: "Hammelburg und Euerdorf berufen sich beide auf diese, einer der ältesten Urkunden unserer Gegend aus dem Jahr 716, in der Hetan II. dem Bischof Willibrord Grundbesitz ,ad hamulo castellum‘ für eine beabsichtigte Klostergründung schenkte. In der Urkunde, die uns bis in die frühe Zeit der fränkischen Landnahme führt und möglicherweise nur noch als gekürzte Zweitschrift vorhanden ist, fehlen aber alle weiteren Angaben zur örtlichen Lage des Kastells und der verschenkten Güter." Dass sich Euerdorf trotzdem guten Gewissens darauf beziehen kann, führt Manfred Dotter weiter aus: "Was Euerdorf betrifft, so erfahren wir aus dem Besitzverzeichnis des Klosters Echternach anlässlich eines Flächentausches mit der Abtei Fulda im Jahre 907, dass sich einst gewisse Güter des hl. Willibrord zu Euerdorf und Fuchsstadt befunden haben. Für diese fehlen, trotz der von den Mönchen akribisch genau geführten Urkunden, jegliche Herkunftsnachweise. Folglich müssen diese mit hoher Wahrscheinlichkeit der im Jahre 716 erfolgten Schenkung Hetans an Willibrord zugeschrieben werden. Nach dessen Tod fielen sie dann an die Abtei Echternach. Eine andere Möglichkeit der geschichtlichen Interpretation gibt es derzeit nicht. Diese Meinung finden wir auch in verschiedenen fachlichen Veröffentlichungen. Wenn nun zu dieser Zeit Güter in unserem Dorf nachgewiesen werden können, bedeutet das auch, dass hier Menschen gelebt haben, die das Land bewirtschafteten. Damit besteht im Jahre 716 der erste fest datierbare Hinweis auf die Existenz unseres Dorfes, auch wenn Euerdorf namentlich in der damaligen Urkunde nicht erwähnt wird. Das ist auch niemals in diesem Zusammenhang behauptet worden. Dieses historische Jubiläum zu begehen, wird der Historie Euerdorfs aber nur allzu gerecht, ist der Ort doch unstrittig einer der ältesten hier im Saaletal und findet mit der Willibrordskapelle einen direkten Bezug zum Andenken und Wirken des Missionars hier im Saaletal. Auch in verschiedenen fachlichen Veröffentlichungen, z. B. im ,Historischer Atlas von Bayern‘, Teil Franken, von Brückenau-Hammelburg (Herausgeber: Kommission für bayr. Landesgeschichte München, 1973, Seite 34) ist dies nachvollziehbar."


Vermutlich noch älter

Hobby-Historiker Manfred Dotter geht sogar noch einen Schritt weiter: "Ich bin mir sicher, dass man die Geschichte im Saaletal neu schreiben könnte, wenn es Belege zum ,castellum hamulo‘ geben würde. Dabei lieferte Björn-Uwe Abels, ehemaliger Landeskonservator am Landesamt für Denkmalpflege, in dem Führer zu den vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Bd. 28, deutliche Hinweise, an welcher Stelle sich das Kastell einst befunden haben könnte. Auf Seite 123 beschreibt er eine großflächige Wallanlage auf dem Schwedenberg bei Elfershausen mit einer Größe von über 8 ha, in der bis jetzt datierende Funde und weitere Untersuchungen noch nicht gemacht wurden und die von der Heimatforschung bislang wenig beachtet wird. Er schreibt: ,Die Anlage scheint in ihrer heutigen Form im frühen Mittelalter errichtet worden zu sein, worauf besonders die stark ausgeprägte Vorburg hinweist.‘ Finden wir hier vielleicht die Überreste des so lange gesuchten ,castellum hamulo‘? Es stellt sich die Frage, warum bis heute hinsichtlich dieses so eindrucksvollen Bodendenkmals keinerlei archäologische Untersuchungen durchgeführt wurden. Es wäre eine gute Möglichkeit, für die heimatliche Geschichtsschreibung Klarheit bezüglich dieses Bodendenkmals zu erhalten."
Vielleicht hat ja dann auch Euerdorf mit seinen vielen historischen Gebäuden, die heute noch gut erhalten sind, noch viel ältere Wurzeln. Wie dem auch sei - die Festivitäten beginnen nächste Woche mit dem Eröffnungskonzert.


Fest-Höhepunkt im Juli

Alle Weichen sind dafür gestellt. Höhepunkt dabei wird das Festwochenende vom 1. bis 4. Juli sein, für dessen Veranstaltungen auch schon Karten im Vorverkauf für Kaya Yanar und die Troglauer Buam in den Geschäftsstellen der Saale-Zeitung zu erhalten sind. "Wir freuen uns darauf - und auf viele Gäste" - und das zu Recht, so der Festausschuss.
Das Programm:
17. Januar:
Eröffnungskonzert in der Pfarrkirche
27. Februar: Kommersabend in der VG-Turnhalle
17. April: Museumsfest mit "sagenhafter" Wanderung von Sauriern und Wichteln
1. Mai: Eröffnung der Bilderausstellung - Eröffnung des historischen Dorfrundgangs
14. Mai: Grenzgang (Teil 1)
4./5. Juni:
Brückenfest auf der "Alten Saalebrücke"
1.-4. Juli: Festwochenende
17./18. September: Lange Einkaufsnacht
8. Oktober:
Grenzgang (Teil 2)
10. Dezember:
Abschlusskonzert in der Pfarrkirche