Am 1. Weihnachtsfeiertag wurde die Kultdisco "Eisdiele" wieder gefeiert - mit neuem Konzept im Gewölbekeller und Musik, die das alte Flair aufleben ließen.
Der Mythos "Eisdiele" lebt weiter. Die Erinnerung an die Kult-Disco in der Saalestadt weckte Stephan Merz, Geschäftsführer der Filiale der Gebietswinzer-Genossenschaft Franken (GWF), dem die Verwaltung und Vermarktung der Keller und Vinothek im Kellereischloss obliegt. Nach dreijähriger Pause hob er das "Eisdielen-Revival" im "Club 199" wieder aus der Taufe - mit beachtlichem Erfolg.
Das Event am 1. Weihnachtsfeiertag, das Eisdielen-Fans aus allen Ecken der Republik wie magisch anlockte, wurde nach seiner sechsten Ausgabe im Jahr 2016 eingestellt. Vorschriften zu Brandschutz und Fluchtwegen erlaubten nicht mehr als 199 Besucher bei dem Musik-Spektakel, was den damaligen Veranstalter zum Rückzug zwang. "Mit dieser Besucherzahl kann ich nicht mehr kostendeckend arbeiten", argumentierte er. Die Türen des ehemaligen Bocksbeutelkellers fielen damit für das Rock-Revival zu.
Merz, der ab dem 1. Januar 2020 die Vinothek, den Winzerkeller und den jetzt geheißenen Club 199 als Pächter in eigener Regie verwaltet, begann bereits im Frühjahr den südlichen Teil des geräumigen Gewölbekellers für Musik-Darbietungen zu nutzen - mit mäßigem Erfolg, wie er einräumte.
Mit Resonanz zufrieden
Wissend um die Besucherzahlen früherer Revivals, die in Spitzenzeiten 400 bis 500 Fans betrugen, darf der Versuch, die Party mit limitiertem Gästekontingent wieder zu beleben, als gelungen gelten. Merz bestätigte gegen Mitternacht: "Ich bin sehr zufrieden." Der Neupächter verfügt allerdings auch über die guten Voraussetzungen. Eine fest installierte Musikanlage und Verkaufstheken sowie einige Sitzgarnituren erleichtern die Ausrichtung dieser Veranstaltung wesentlich.
Die Konzeption in den Kellergewölben ist umgestellt. Im rückwärtigen Teil befindet sich die Tanzfläche nebst Music-Block, der weniger laute Eingangsbereich dient der Kommunikation und dem Schwelgen in alten Zeiten, das ausgiebig von Eisdielen-Fans aus der ganzen Region und von Hannover bis Berchtesgaden genutzt wurde. Neuigkeiten und sehnsüchtige Erinnerungen machten hier die Runde und ein Prost auf die Disco, die einst der musikalische "Nabel von Unterfranken" war.
Weißt du noch? Ja freilich, jeder wusste noch um die legendären Partys, die im Haus in der Bahnhofstraße abliefen. Insbesondere die Nächte mit den 16 Bands der Hammelburger Musikinitiative, die hier zum Abschiedskonzert antraten, oder als die ehemaligen DJs ihr letztes Gastspiel vom Stapel ließen als bekannt wurde, dass der Musiktempel schließt. Fan-Demos in der Bahnhofstraße konnten dies letztlich nicht verhindern. Im April '98 sperrte die Eisdiele und ihre Bar die Türen zu.
Die Revival-DJs 2019 bemühten sich musikalisch um das damalige Flair bei der Retro-Präsentation, aber "die Eisdiele kann man nicht kopieren", wie es ein weither gereister Besucher formulierte. Eng verflochten mit diesem Flashback sind die Erinnerung an die eigene Jugendzeit, die für die meisten Besucher schon lange zurückliegt. Denn solche stellten das Gros der Gäste. Youngsters, die die Ära nicht erlebt hatten, sah man kaum. "Die tun mir leid. Sie haben die beste Zeit von Hammelburg verpasst", kommentiert ein 66-Jähriger.