Der Hammelburger Storch ist wieder da
Autor: Markus Reeh
Hammelburg, Mittwoch, 12. Februar 2014
Der Hammelburger Storch ist wieder in seinem angestammten Nest auf dem Mönchsturm gelandet. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt.
Jochen Willecke blickt durch sein Spektiv, lehnt sich dann zurück und sagt: "Mit 99-prozentiger Sicherheit ist es unser Jakob." Der Storchenexperte vom Bund Naturschutz (BN) hat vom Parkdeck Samuel-Sichel-Platz aus den Ring am linken Bein des Vogels ins Visier genommen. Und er glaubt, die Zahlenfolge 6384 erkannt zu haben.
So früh ist der Storch noch nie aus südlichen Gefilden zurückgekehrt. Als er 2009 zum ersten Mal in Hammelburg landete, war es der 24. April. In den folgenden Jahren bezog er sein Quartier dann immer im März. Doch heuer ist er mit dem 11. Februar deutlich zeitiger dran. Möglicherweise ist er dieses Jahr sogar der erste Rückkehrer in Deutschland. "Ich habe auf jeden Fall noch von keiner anderen Sichtung gehört", sagt Willecke.
Der Vetreter des Bund Naturschutz hält dies für einen eindeutigen Beleg dafür, dass der Klimawandel nicht mehr zu leugnen ist. "Die Amseln balzen ja auch schon", hat er beobachtet. Wenn das Wetter so wie im Moment bleibe, werde der Storch keine Probleme haben, die Kälte könne er ertragen. "Und auch Futter findet er genug, es hat in den Saalewiesen kein Hochwasser gegeben", erklärt Willecke. Der Vogel ernähre sich hauptsächlich von Mäusern und Regenwürmern. Auch Maulwürfe habe er schon verspeist, hat der Hammelburger beobachtet.
Wo Jakob überwintert habe, sei schwer zu sagen. "Vielleicht war er nur im französischen Elsass und hatte deshalb keinen so langen Rückweg", spekuliert Willecke. Möglicherweise sei er aber auch aus Spanien gekommen, wo mittlerweile Tausende Störche in der kalten Jashreszeit ihr Quartier beziehen. Immer weniger der Vögel nehmen den weiten Weg bis nach Afrika auf sich.
Die Partnerin des Hammelburger Storchs wird nach Einschätzung von Jochen Willecke heuer auch entsprechend früher eintreffen. "Normalerweise kommt sie in etwa drei Wochen nach, wenn der Nestbau soweit abgeschlossen ist", erläutert der Fachmann. Ob sich vom Nachwuchs der beiden aus den vergangenen Jahren einer in Hammelburg blicken lässt, sei unklar.
Wegen der Standorttreue der Tiere könne es aber durchaus sein, dass einer oder mehrere der Jungstörche auftauchen - falls sie überlebt haben. "Nach drei Jahren sind die Störche geschlechtsreif und kommen normalerweise das erste Mal zurück. So steht es zumindest in den Fachbüchern", weiß Willecke. Sie würden aber von den Altvögeln nicht mehr erkannt und daher vertrieben werden. Dann suchen sie sich ein eigenes Revier, womöglich in der heimischen Region. Einige der Jungtiere sind beringt worden, sodass sie auch zweifelsfrei identifizierrt werden könnten.
"Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn unser Nest in Obererthal im Thulbatal bezogen würde", betonte der Vogelfreund. Ein weiteres Nest gibt es in Westheim. Aufgrund der räumlichen Nähe könnte dann aber das Nahrungsangebot für die Störche im Saaletal knapp werden, befürchtet Willecke.
In den vergangenen Jahren haben Tausende das Leben der Hammelburger Störche über die Internet-Webcam (www.storchencam.de) verfolgt. Deren Betreiber Christian Fenn ist vom frühen Eintreffen des Storchs genauso überrascht wie alle anderen. Zunächst müsse er die Internetverbindung im Jugendzentrum in Stand setzen, erklärt Fenn am Mittwochmorgen. "Dann werde ich in den Kirchturm steigen und schauen, was von der Technik dort noch funktioniert", so Fenn weiter.
Schon in seiner Mittagspause gelingt es ihm dann, die Kamera wieder zu aktivieren, die durch einen Teleskopsucher das Nest auf dem Mönchsturm in den Fokus nimmt. "Ob es sich bei unserem Storch wirklich um Jakob handelt, ist derweil nicht zweifelsfrei belegt, auch wenn wir alle fest davon ausgehen", schreibt Fenn im Anschluss auf der Internetseite.
Der Storch trage den Ring auf jeden Fall am richtigen Bein und mindestens zwei der vier Ziffern stimmten.
Auch sein Verhalten deute darauf hin, dass es sich bei dem Storch um Jakob handele. "Er war erst im Nest auf dem Mönchsturm, dann auf dem Rathaus und ist anschließend wieder zurückgeflogen, so wie im vergangenen Jahr", erläutert Fenn.
Der Hammelburger Standesbeamte Dieter Densch kommentierte die zeitige Ankunft des Klapperstorchs auf seine Weise mit humorigen Worten. "Ob es dadurch dieses Jahr einen Kindersegen in Hammelburg geben wird, bleibt abzuwarten. In den vergangenen Jahren hat es auch nicht so wirklich geklappt", schreibt er in einer E-mail an die Zeitung.