Druckartikel: Dem Klang der Glocken auf der Spur

Dem Klang der Glocken auf der Spur


Autor: Doris Bauer

Garitz, Mittwoch, 21. Dezember 2016

Andreas Greubel ist Glockenexperte: Im In- und Ausland hat er inzwischen rund 4000 Glockengeläute aufgenommen und archiviert.
Andreas Greubel vor der Euerdorfer Pfarrkirche St. Johannes der Täufer  Foto: Doris Bauer


Andreas Greubel ist leidenschaftlicher Sammler. Er sammelt jedoch keine Dinge wie manch anderer. Er sammelt Glockengeläute. Der 39-Jährige aus Garitz nimmt sie auf seinen Digitalrecorder auf und archiviert sie. Mittlerweile sind es rund 4000 Geläute, die er deutschlandweit und im benachbarten Ausland gesammelt hat.
Auslöser für dieses ungewöhnliche Hobby war das Glockenläuten des Würzburger Doms am 16. März 1997 anlässlich des Gedenktages der Zerstörung Würzburgs im Zweiten Weltkrieg: "Das war ein überwältigendes Gefühl, wenn 12 Glocken mit einem Gewicht von fast 25 Tonnen läuten. Es bebte alles in mir, auch um mich herum. Ich spüre, dass Glocken Rufer Gottes sind und mit ihrem Klang die Friedensbotschaft verkünden" Mittlerweile umfassen die beiden verhältnismäßig schlangen Westtürme der Würzburger Bischofskirche insgesamt 20 Glocken, unter anderem die historische Lobdeburg-Glocke aus dem Jahr 1257, weitere 11 Glocken aus 1965, darunter die große Salvator-Glocke, die allein über neun Tonnen wiegt. Dann sind da noch acht Zymbelglocken, die 2008 in Passau gegossen wurden.


Der Klang entspannt

Aber es war dieser Moment in Würzburg, von da an ließ ihn der Gedanke nicht mehr los, die verschiedenen Glockengeläute zu "sammeln". Das Läuten ist für Andreas Greubel viel mehr als Aufnehmen und Archivieren: "Ich höre die Glocken gerne. Der Klang entspannt mich sehr - besonders, wenn es die weichen Töne einer bronzenen Glocke sind. Glocken sind entweder aus Bronze, Eisenhartguss oder Stahl", weiß der Spezialist aus Garitz, der in einem Verein für Glockenkunde Mitglied war und dort viele Gleichgesinnte kennengelernt hat: "Bronzeglocken bestehen zu 78 Prozent aus Kupfer und 22 Prozent aus Zinn und halten Jahrhunderte lang, Eisenhartguss-Glocken im Schnitt 100 Jahre, da sie dann von innen heraus rosten Stahlglocken halten etwas länger. Eisenhartguss und Stahlguss bestehen aus keinem hochwertigen Gussmaterial und wurden oft in den ersten Jahren nach dem zweiten Weltkrieg für Kirchengemeinden gegossen, die möglichst schnell wieder eigene Glocken haben wollten."
Beim Aufnehmen achtet Andreas Greubel besonders darauf, dass er diagonal vor dem Turm steht: "Da habe ich die beste Klangabstrahlung. Ich nehme dann solange auf, wie die Glocken läuten. In Bayern wird kurz geläutet. Meistens vor dem Gottesdienst so um die drei Minuten. In anderen Regionen wird schon mal zehn bis fünfzehn Minuten geläutet." Andreas Greubel muss es wissen, denn er hat die meisten Regionen in Deutschland bereist und die Geläute aufgenommen. Auch in Frankreich, der Schweiz und Österreich ging er seinem Hobby nach. Gar nicht so einfach, denn der Garitzer besitzt kein Auto: "Ich reise mit dem Zug und nehme mein Fahrrad mit." Diese Reisen haben sich für ihn durchaus gelohnt: " Das Läuten des Freiburger und Straßburger Münster waren für mich am Beeindruckendsten."
Andreas Greubel kennt auch berühmte Glocken: "Da wäre die St. Petersglocke im Kölner Dom, die mit 24 Tonnen Gewicht die größte freischwingende Glocke der Welt ist. Die wurde 1923 in Apolda gegossen. Maria Gloriosa heißt die mit 11450 Kilo schwerste mittelalterliche Glocke, die 1497 gegossen wurde und im Dom zu Erfurt läutet. Diese ist wegen ihres reinen und sonoren Klanges sehr berühmt, wird aber nur acht Mal im Jahr zu festlichen Anlässen geläutet. Und da gibt es noch die berühmte "Pummerin" im Wiener Stephansdom."
Auch zukünftig wird er unterwegs sein mit seinem Digitalrecorder. Seine Aufnahmen brennt er für Interessierte auf CD. "Ich werde weitermachen. Auch im Ausland. Leider muss ich beobachten, dass immer weniger Glocken läuten, weil Kirchen geschlossen wurden. Ich hoffe trotzdem, dass man noch lange viele Glocken läuten hören kann."