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Das Experiment ist beendet


Autor: Arkadius Guzy

Hammelburg, Freitag, 22. Sept. 2017

Der letzte Versuch der Technischen Universität München auf der alten Saalebrücke in Hammelburg ist abgeschlossen. Damit sind die Tage der Brücke gezählt.
Helmut Dahler regelt die Hydraulikanlage, die den Träger über die Brücke drückt. Foto: Arkadius Guzy


Vier Monate lang war die Stadt für die Mitarbeiter des Lehrstuhls für Massivbau an der Technischen Universität (TU) München zur zweiten Heimat geworden. Jetzt endet ihre Forschungsarbeit. Wenn sie in der kommenden Woche die Versuchsanlage abbauen, lassen sie aber etwas in der Region zurück.

Der große Stahlträger, das markanteste Stück des Experiments, wird in zwei Teile geschnitten. Die Elemente werden einige Zeit bei der Firma Ullrich zwischengelagert. Sie können irgendwann erneut Teil eines Brückentests werden, "falls wir mal eine Autobahnbrücke bekommen", wie Sebastian Gehrlein erklärt.

Laut dem wissenschaftlichen Mitarbeiter sind alle Versuche erwartungsgemäß abgelaufen. Sie haben die Vermutungen bestätigt. Bei den Versuchen wurde mittels hydraulischer Pressen Druck auf die Brückenfelder ausgeübt, um den Beton bis an seine Belastungsgrenzen zu führen. Große Risse sind jetzt an den Trägern auf der Unterseite des Bauwerks zu sehen. Sie weisen den für Querkräfte charakteristischen Verlauf auf. Die Fahrbahn ist teilweise leicht abgesackt.

Einmal hat sogar nicht nur der Beton nachgegeben, sondern auch der Stahl. Die Armierung ist durchgebrochen und hat sich nicht nur durchgebogen und danach wieder entspannt wie bei den anderen Versuchen. Das gab ein ordentliches Knacken, erzählt Helmut Dahler.

Mit der Versuchsreihe wollten die Experten an einem alten Bauwerk das tatsächliche Verhalten des Betons erforschen. Dazu verlegten sie an jedem der Versuchsabschnitte vielfältige Messtechnik. Die gewonnenen Daten wollen sie nun mit den theoretischen Rechenmodellen vergleichen, um diese an die Realität anzupassen.

"Die Daten bestätigen die neuen Annahmen", erklärt Gehrlein. Denn die Forscher gingen davon aus, dass alte Brücken mehr aushalten, als bisher theoretisch angenommen.

Die Ergebnisse des Experiments müssen aber noch ausgewertet werden. "Die Auswertung wird etwa ein halbes Jahr dauern", sagt Gehrlein. Er kann aber schon so viel bestätigen: Der Versuchsaufbau und die Messtechnik haben sich bewährt - auch für künftige Versuche.

In den kommenden Monaten werden einige studentische Abschlussarbeiten entstehen, die sich mit Teilaspekten des Großexperiments beschäftigen, so zum Beispiel eben mit der Zuverlässigkeit und Praktikabilität der verwendeten Messtechnik. Gehrlein selbst wird nächstes oder übernächstes Jahr seine Doktorarbeit über den Versuch schreiben.
Jetzt verlässt das Team nach dem Abbau in der kommenden Woche Hammelburg endgültig - mit durchaus positiven Eindrücken. So haben zwei Hammelburger Gastronomen die Mitarbeiter der TU gut versorgt, wie Dahler berichtet.

Nach dem Abbau der Stahlkonstruktion beginnt der Abriss der ausgedienten Saalebrücke. Der genaue Termin und Ablauf steht noch nicht fest, wie Joachim Dietz vom staatlichen Bauamt Schweinfurt auf Nachfrage mitteilt. Demnach läuft derzeit noch die Abstimmung mit der Baufirma. Laut Dietz ist der Beginn der Abbrucharbeiten zumindest nicht vor dem 4. Oktober zu erwarten. Mit dem Abriss endet nach 62 Jahren die Geschichte der Hammelburger Saalebrücke.