Buch über die Schulzeit am Hammelburger Gymnasium
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Dienstag, 12. Februar 2019
Friedhelm Vahsen hat ein Buch über die Jugend am Hammelburger Gymnasium in den 1960er Jahren geschrieben. Er schlägt darin einen Deutungsbogen zu heute.
Warum verfängt rechte Rhetorik? Warum sitzen so viele ältere, eigentlich gut situierte Herren bei der AfD? Sie als Globalisierungsverlierer zu beschreiben, greift für Friedhelm Vahsen nicht. In seinen Erinnerungen an die eigene Schulzeit stieß er auf eine andere Erklärung.
Vahsen, Abiturjahrgang 1964, besuchte das Hammelburger Gymnasium. Der heutige Schulstandort befand sich damals gerade in Bau, der Unterricht war noch auf verschiedene Gebäude verteilt: das Rote Schloss, das Rathaus, das Gebäude hinterm Rathaus. "Wir wanderten zwischen den Gebäuden hin und her", sagt Vahsen.
In seinem frisch veröffentlichten Buch "Zwischenzeiten - Zeitenwende" beschreibt der 73-Jährige den "Zeitgeist in der fränkischen Provinz" und das Aufwachsen im schulisch-familiären Milieu. Der Schwerpunkt liegt auf den 1960er Jahren.
"Im Frühjahr qualmten alte Autoreifen in den Weinbergen, um die Nachtfröste fernzuhalten" und "Franz Josef Strauß begeisterte sein Publikum in der städtischen Turnhalle", führt das Buch in diese Zeit ein. In der Ferne scheinen Veränderungen am Horizont auf, neue Musik und neue Bands wie die Beatles und die Stones künden von einem kulturellen Wandel. "Doch dies berührte das Schulleben in Hammelburg zunächst nur peripher."
Auf der Basis eigener Erlebnisse sowie der Erinnerungen ehemaliger Mitschüler und Lehrer entfaltet Vahsen am Beispiel des Hammelburger Gymnasiums den damaligen Schulalltag. Beschwörungen gegen den aufziehenden Wandel prägten diesen. Die Themen der Schulaufgaben, die Vahsen aus den Jahresberichten zitiert, illustrieren es: "Gleichberechtigung der Frau - eine notwendige, aber gefährliche Reform unseres gesellschaftlichen Lebens", "der Totospieler, der Motorradfanatiker, der Jazzfan! Welche Züge unserer Zeit spiegeln sich in ihnen wieder?".
Kein Thema war dagegen die NS-Zeit. Der Geschichtsunterricht endete spätestens 1933. Dabei hätte es Anknüpfungspunkte gegeben: So war ein Teil der Lehrer in der Wehrmacht gewesen und ab 1963 begannen die Auschwitzprozesse. Das alles wurde aber ausgeblendet, wie der Autor feststellt. Dafür hießen Projekttage damals gänzlich ungerührt von der Frivolität "Konzentrationstage".
Überhaupt die Sprache: "Ich bin über den Sprachstil erschrocken. Das war mir damals so nicht bewusst", berichtet Vahsen von seiner Recherche in den Jahresberichten. Begriffe wie "ehrfürchtig" und "zuchtvoll" bestimmten das Denken.