Buch über die Kaufmannsfamilie Halbritter
Autor: Arkadius Guzy
Hammelburg, Freitag, 06. April 2018
Einst prägten mehrere Kolonialwarenläden die Innenstadt. Einer davon gehörte den Halbritters. Sepp Halbritter erzählt die Geschichte seiner Familie.
Eine seiner Radtouren zur Börse nach Frankfurt bezahlt Florian Halbritter mit seinem Leben. Er holt sich eine Lungenentzündung und stirbt im Jahr 1903 im Alter von 35 Jahren. Das ist aber nicht das Ende des Kolonialwarenladens Halbritter am Viehmarkt. Denn seine Frau Elisabeth übernimmt das Geschäft.
"Meine Großmutter führte den Laden dann durch die Wirren des Ersten Weltkriegs", erklärt Sepp Halbritter. Der 81-Jährige hat die Geschichte seiner Familie in einem knapp 160-seitigen Büchlein aufgeschrieben, zum Teil gestützt auf Tagebucheintragungen seiner Mutter und seines Vaters, das demnächst in kleiner Auflage herauskommt.
Seinen Kolonialwarenladen gründet Florian Halbritter 1895 am Viehmarkt nach einer Kaufmannslehre in Frankfurt. Das Geschäft versorgt nicht nur die Hammelburger Kundschaft, sondern beliefert auch die kleineren Läden auf den Dörfern. Außerdem handelt Florian Halbritter mit Sämereien.
Er kauft den Bauern hauptsächlich Linsen ab und zahlt ihnen vor der Ernte schon einmal einen Abschlag, wie Sepp Halbritter berichtet. Die Sämereien verkauft er dann über die Börse in Frankfurt weiter, wohin er mit dem Fahrrad fährt. Für den Rückweg nimmt er bis Gemünden den Zug.
Das Sortiment des Ladens wird mit den Jahren vielfältiger. Kaffee wird geröstet und Schlachtgewürze werden direkt aus Hamburg bezogen, ist im Büchlein zu lesen. Zum Einkaufen kommen die Leute "mit leeren Schüsseln und Flaschen, denn Abgepacktes gab es nicht".
Sepp Halbritters Eltern, Hans und Beate Halbritter, übernehmen das Ladengeschäft im Jahr 1933. Wieder ist es die Frau, die vor allem dafür sorgt, dass das Geschäft läuft. "Meine Mutter hat den Laden geschmissen", sagt Sepp Halbritter. Ihr schreibt er "kaufmännischen Verstand, organisatorisches Geschick und Zielstrebigkeit" zu.
In der Nachkriegszeit lassen die Amerikaner bei den Halbritters Wein aus Fässern in Flaschen abfüllen. Und die Familie kommt in den Genuss von Orangen: Aus denen stellt Beate Halbritter für die Amerikaner Orangen-Likör her, wofür sie allerdings nur die Schalen braucht, wie Sepp Halbritters Büchlein erzählt.
Er lernt als kleiner Junge verschiedene Schrifttypen. "Ich musste die Angebotstafeln außen am Haus ausfüllen", erklärt Sepp Halbritter. Er ist es auch, der die Geschichte des Kolonialwarenladens 1967 beendet. Nach Ausbildung und Tätigkeit in der Textilbranche und nicht als Kaufmann - "Mein Vater hat zu mir immer gesagt: Werde bloß kein Heringsbändiger." - will er aus dem Rheinland nach Hammelburg zurückkehren. "Ich habe bei meinen Eltern angerufen und gefragt, wie schnell sie den Laden ausverkaufen können. Ich brauchte Räume für meine Krawattenfertigung", sagt Sepp Halbritter. Der Vater sei froh gewesen, den Laden abstoßen zu können. Die Zeit der Supermärkte sei angebrochen. Die Mutter arbeitet ab dann für das Krawattenunternehmens des Sohnes in der Buchhaltung.