Bergel: "Ich fühle mich hier pudelwohl"
Autor: Ralf Ruppert
Euerdorf, Freitag, 03. Juli 2020
Die Übergabe mit der abgewählten Vorgängerin dauerte nur wenige Minuten, und der neue Euerdorfer Bürgermeister ist nur noch ehrenamtlich. Trotzdem ist Peter Bergel jeden Tag im Rathaus und genießt seine Arbeit.
Wenn er wissen will, was er schon alles erledigt hat, blättert Peter Bergel in seinem großen Buch. Viele Seiten sind noch weiß, schließlich ist der 69-Jährige erst seit gut zwei Monaten im Amt. Zwischen einigen Blättern liegen Schreiben mit dem Wappen der Gemeinde Euerdorf drauf, auf manchen Seiten stehen viele handschriftliche Notizen. "Ich bin ein Papier-Mensch", sagt Bergel lachend. Natürlich müsse er viel mit Handy und Computer arbeiten, aber: "Die wichtigen Dinge stehen bei mir nach wie vor auf Papier." Dadurch könne er sich auch daheim im Garten in Themen einlesen.
"Im Moment ist es ein Vollzeit-Job", fasst Bergel seine zwei Monate als neuer Euerdorfer Bürgermeister zusammen. Es war eine der großen Überraschungen der Kommunalwahlen im März: Peter Bergel vom Bürgerblock warf die amtierende CSU-Bürgermeisterin Patricia Schießer mit fast zwei Dritteln der Stimmen aus dem Amt. Das Verhalten seiner Vorgängerin nach der Niederlage irritiert Bergel bis heute: "Ich hatte keine Einarbeitung", fasst er die Übergabe zusammen. Lediglich den Generalschlüssel und zwei Seiten mit Notizen habe ihm Schießer in die Hand gedrückt. Das war's. Keine fünf Minuten habe das Gespräch gedauert, sonst keine weiteren Kontakte.
Viele erleichterten den Start
Trotzdem fiel ihm der Start leicht: "Ich bin hier fantastisch empfangen worden", berichtet er über die Zusammenarbeit in der Verwaltungsgemeinschaft (VG). Natürlich helfen ihm auch seine Ortskenntnis und seine kommunalpolitische Erfahrung: Peter Bergel war jahrzehntelang Hausarzt in Euerdorf, 24 Jahre lang saß er selbst im Marktgemeinderat, in den vergangenen sechs Jahren gehörte seine Frau Gisela dem Gremium an. Beide allerdings unter anderen Vorzeichen: Der Bürgerblock stellte nur vier Räte unter einem CSU-Bürgermeister, jetzt sind es fünf Räte plus Bürgermeister.
Allerdings baut Bergel nicht auf seine Fraktion, sondern setzt auf Transparenz. "Ich gebe alle meine Termine mit Firmen oder Behörden bekannt, jeder Gemeinderat kann gerne dazu kommen", nennt Bergel als Beispiel. Das komme gut im Gremium an. Auch sonst gibt sich Bergel offen: "Wenn ich was nicht weiß, frage ich." Ganz selbstverständlich bespreche er mit dem Bauhof etwa die Ausstattung des neuen Saalestrandes oder des Friedhofes. Diese Offenheit seien Gemeinderäte und Mitarbeiter offenbar von seiner Vorgängerin nicht gewohnt. "Ich habe das Gefühl, dass wir auf einem guten Weg sind", ist Bergel zufrieden mit dem Start.
Auch im Umgang mit den Bürgern setzt Bergel auf den direkten Kontakt: "Ich schaue mir jedes Problem direkt vor Ort an", erzählt er, und: "Da fallen manche Bürger aus allen Wolken." Ob er das wirklich sechs Jahre so durchhalten könne, wisse er nicht, aber bis jetzt gelte: "Ich beteilige jeden gerne, ich halte kein Wissen zurück."
Für die Ehrenamtlichkeit
Bergel freut sich, dass er sich im Gegensatz zu seinen Amtskollegen aus Aura und Ramsthal voll auf sein Amt konzentrieren kann. Die Entscheidung, wieder von der Haupt- zur Ehrenamtlichkeit zu wechseln, findet er richtig. Schließlich habe Euerdorf nur noch knapp 1500 Einwohner. Trotzdem habe die Marktgemeinde viel zu bieten: "Wir haben alles, was man sich nur vorstellen kann: vom Bäcker über Ärzte und Apotheke bis zu einem international agierenden Unternehmen." Bergel sieht es als Verpflichtung: "Ich tue alles dafür, dass das auch so bleibt", sagt er, und weiter: "Ich bin stolz, Bürgermeister von Euerdorf zu sein."
Gegen zu viel Flächenfraß
Und was steht nun in dem großen Buch? "Ich habe schon viel abgearbeitet", berichtet Bergel. Beim Gewerbegebiet "Auraer Straße" habe er nachverhandelt, dass die Gemeinde eine Gewerbefläche zu einem guten Preis bekomme. Für das geplante Baugebiet "Neuländer Weg" möchte er neue Wege gehen. "Ich möchte viel Grün", sagt er, außerdem sollten keine 43, sondern vorerst nur 30 Bauplätze erschlossen werden, denn: "Ich bin gegen diesen Flächenfraß." Das Thema werde demnächst im Gemeinderat behandelt.