Bayernatlas dienst Hobby-Forschern als Quelle
Autor: Ralf Ruppert
Hammelburg, Mittwoch, 02. März 2022
Franz-Josef Schneider und viele andere nutzen regelmäßig den Bayernatlas als offizielles Geoportal des Freistaats. Die Volkshochschule organisiert für kommende Woche eine Einführung in die Funktionen.
Früher musste sich Franz-Josef Schneider historische Karten immer mühsam aus Büchern zusammen kopieren. Die Kartenausschnitte waren oft Zufall, eine gezielte Suche nach bestimmten Grundstücken oder Straßen war umständlich. Im Zuge der Forschungen für die 1300-Jahr-Feier der Stadt Hammelburg machte ihn ein anderer Hobby-Forscher im Jahr 2016 erstmals auf den Bayernatlas aufmerksam. "Seitdem schaue ich regelmäßig rein", berichtet der ehemalige Küster. Mindestens einmal die Woche öffne er das Geoportal. Er misst die Länge von Straßen oder die Größe von Grundstücken, vergleicht heutige Karten mit dem Urkataster aus dem Jahr 1847 oder lässt sich weitere Informationen wie Radwege oder Gebäude einblenden.
Zahlreiche Entdeckungen und Inspirationen habe er sich schon aus dem Portal www.bayernatlas.de geholt. "Im Urkataster ist zum Beispiel eine Gerichtslinde hinter der Stadtpfarrkirche eingezeichnet, die beim Stadtbrand 1854 abbrannte", erzählt Schneider. Auch einen historischen Reitweg durch das Gebiet des 1895 gegründeten Truppenübungsplatzes habe er so rekonstruieren können. Auch in der Stadt habe sich viel verändert: Auf dem Viehmarkt ist in den Karten von 1847 noch eine Kirche eingezeichnet und das benachbarte Bürgerspital war ein großes Gut. Nach dem Stadtbrand entstand ein großer Platz und eine völlig neue Straße.
Auch die Nummerierung der Häuser änderte sich in Hammelburg mehrfach: Im Urkataster war an der Ecke der heutigen Kissinger- und der Bahnhofstraße die Nummer 1, nach dem Stadtbrand ging diese Nummer auf das Rathaus über. Im Jahr 1934 wurden dann einheitliche Straßennamen und neue Nummern vergeben. Schneider hat zu allen Anwesen der Altstadt Übersichten erstellt, in der bekannte Eigentümer und die unterschiedlichen Nummerierungen aufgelistet sind. Auch über das Leben früher geben alte Karten oft Informationen frei: So seien etwa bei Untereschenbach Hopfenfelder eingezeichnet, und im Bereich der Vinzenz-Koch-Straße finde sich die alte Flurbezeichnung Galgenacker samt einem eingezeichneten Galgen.
Aktuell forscht Schneider vor allem zu den Straßennamen in Hammelburg. Aus dem Bayernatlas nimmt er Pläne und vermisst die Straßen. Im vergangenen Jahr war das Leben des ehemaligen Stadtpfarrers Johannes Martin sein Forschungsschwerpunkt, auch dafür bemühte er das Geoportal und rekonstruierte zum Beispiel frühere Adressen. Selbst die Uni Mainz und das Germanische Nationalmuseum wenden sich mit Fragen zur Hammelburger Stadtgeschichte an Franz-Josef Schneider. Sein Archiv und Fachwissen ergänzen sich mit den Informationen aus dem Bayernatlas.
Kurse zum Bayernatlas bietet das Bayernlab in Bad Neustadt an. Claudia Beyrle, Leiterin der Volkshochschule Hammelburg, arbeitet seit dem Wintersemester mit der Einrichtung zusammen: "Souverän im Netz" waren die Smartphone-Kurse überschrieben. Im Gespräch sei dann die Idee entstanden, das Geoportal zu erläutern. "In den Kursen zeigen wir den Bürgern auf, was der Bayernatlas alles an Möglichkeiten bietet", sagt Fabian Hein, einer von vier Mitarbeitern des Bayernlab Bad Neustadt. Das dortige Bayernlab ist eines von aktuell zehn Standorten in Bayern, es wurde im Juni 2017 als erstes und bislang einziges Bayernlab in Unterfranken gegründet. Unter anderem in Zusammenarbeit mit Volkshochschulen stellen die Mitarbeiter Themen rund um die Digitalisierung vor. Laut Ankündigung geht es in dem Kurs am Mittwoch, 9. März, ab 18 Uhr im Kellereischloss Hammelburg um Geobasisdaten, topographische und historische Karten, Luftbilder, 3D-Daten auch eine Vielzahl an Freizeitthemen sowie Fachgeodaten anderer Verwaltungen. "Aber wir gehen in den Kursen natürlich auch auf individuelle Fragen ein", betont Hein. Das Angebot richte sich an Privat- und Fachanwender.
Der Bayernatlas werde auch ständig ergänzt: Neu sei unter anderem die Routingfunktion, die unter anderem Daten zu offiziellen Wander- und Radwegen in ganz Bayern enthält. Im Gegensatz zu vielen anderen Routenplanern gibt der Bayernatlas Infos zur Oberflächenbeschaffenheit und zum Höhenprofil der Wege. "Einem Rennrad-Fahrer wird also vielleicht ein anderer Weg vorgeschlagen als einem Mountainbiker", sagt Fabian Hein. Zudem könne der Nutzer viele weitere Informationen aus dem Bayernatlas zusätzlich einblenden, vom Naturschutzgebiet bis zum Bodendenkmal entlang des Weges. Vorgestellt werde in dem Kurs auch der Energieatlas. Das sei zwar ein eigenständiges Portal, nutze aber die Basisdaten des Bayernatlasses. Im Energieatlas können sich Nutzer die Standorte großer Photovoltaikanlagen, Windräder und vieles mehr ansehen.
Anmelden können sich Interessierte über das VHS-Büro Hammelburg, Tel.: 09732/902 434, E-Mail: vhs@hammelburg.de. Zudem ist für Mittwoch, 30. März, 14 Uhr, eine Führung durch das Bayernlab in Bad Neustadt geplant. Beide Veranstaltungen sind kostenlos, es gilt jeweils die 3G-Regel.